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Glasfaser und Mobilfunk Abgeordnete streiten über Digitalstrategie

Schnelles Internet in jedem Haus und jeder Schule: Das möchte die Bundesregierung mit ihrer Digitalstrategie erreichen. Die Opposition kritisiert, es mangele an Visionen. Die Abgeordneten diskutierten im Plenum.

Junges Mädchen sitzt auf einem Skateboard und schaut auf ein Handy, das sie in der Hand hält.

Fast 50 Seiten ist die Digitalstrategie der Bundesregierung lang. Wird sie die Digitalisierung in Deutschland voranbringen?© Shutterstock/GaudiLab

Wie sieht die digitale Zukunft in Deutschland aus? Die Bundesregierung hat zu dieser Frage kürzlich ihre Digitalstrategie vorgelegt. Die Strategie solle den Rahmen für die Digitalpolitik in der aktuellen Legislaturperiode vorgeben, heißt es auf der Webseite des Bundesministeriums für Digitales und Verkehr (BMDV). Vergangene Woche diskutierten die Abgeordneten im Bundestag darüber.

Digitalisierung in allen Bereichen verbessern

Ziel der Strategie sei es laut BMDV, die Digitalisierung in allen Bereichen zu verbessern. So sollen leistungsfähige und nachhaltige Netze und sichere sogenannte digitale Identitäten geschaffen werden. Zur Erklärung: Digitale Identitäten sind beispielsweise Online-Ausweise, mit denen Behördengänge digital abgewickelt werden können. Außerdem sollen laut Digitalstrategie international einheitliche technische Standards geschaffen werden.

Gigabitstrategie sieht Netzausbau vor

Einige Maßnahmen, die die Bundesregierung im Hinblick auf die Digitalisierung ergreifen möchte, stehen in der Gigabitstrategie. Auch über diese Strategie wurde in der Debatte gesprochen. Ziel der Gigabitstrategie ist unter anderem „die flächendeckende Versorgung mit Glasfaser und dem neuesten Mobilfunkstandard“. So sollen 50 Prozent der Haushalte und Unternehmen in Deutschland bis zum Jahr 2025 über Glasfaseranschlüsse für schnelles Internet verfügen.

Union kritisiert unklare Zuständigkeiten

Zusätzlich wurde ein Antrag der Unionsfraktion beraten, in dem die Abgeordneten forderten, die „unklaren Zuständigkeiten in der Digitalpolitik“ zu beenden und ein Digitalministerium zu schaffen, das seinem Namen gerecht werde. So solle es eine zentrale politische Steuerungsstelle für die Digitalisierung geben.

In dem Antrag ging es außerdem um das Thema Digitalbudget. Zur Erklärung: Im Koalitionsvertrag ist vorgesehen, dass es ein festes Digitalbudget geben soll, mit dem die Digitalisierungsvorhaben realisiert werden. Dieses Budget wurde bisher noch nicht festgelegt. In der Digitalstrategie steht, dass es noch erarbeitet werden solle. Die Unionsfraktion forderte nun, dies im Bundeshaushalt 2023 einzuführen.

Knapp 70 Minuten diskutierten die Abgeordneten im Plenum. Im Anschluss wurden die drei Vorlagen in den Ausschuss für Digitales überwiesen.

FDP: Drei Hebelprojekte für die Digitalisierung

Der Bundesminister für Digitales und Verkehr, Volker Wissing (FDP), beklagte, dass Deutschland im Vergleich mit den 27 EU-Mitgliedstaaten beim Thema Digitalisierung Platz 13 belege. Deutschland brauche einen umfassenden digitalen Aufbruch, so Wissing.

In der Strategie seien deshalb drei „Hebelprojekte“ definiert. Erstens seien das die digitalen Identitäten. Behördengänge oder Online-Shopping sollen künftig sicher online stattfinden können. Zweitens sei es wichtig, Interoperabilität zu ermöglichen, so Wissing. Damit ist gemeint, dass verschiedene technische Systeme zusammenarbeiten können – auch über Landesgrenzen hinweg. Dafür brauche es international einheitliche technische Standards, so der Minister. Die Projekte, um die es in der Digitalstrategie gehe, sollten deshalb „technisch offen und rechtlich sicher gestaltet“ sein. Der dritte Hebel sei der „Gigabit-Ausbau“ und damit einhergehend eine höhere Verfügbarkeit von Daten.

Am Ende der Legislaturperiode, 2025, wolle man sich an den Zielen messen lassen, die in der Digitalstrategie formuliert worden seien, gab Wissing an. So solle es in Zukunft möglich sein, in wenigen Minuten von zu Hause einen neuen Personalausweis zu beantragen. Und bis 2026 solle der Mobilfunk flächendeckend ohne Unterbrechung funktionieren.

SPD: Die digitalpolitische Prioritätenliste der Legislatur

Die Ampelkoalition habe sich zum Ziel gesetzt, die Digitalisierung endlich auf die Höhe der Zeit zu bringen, sagte Detlef Müller von der SPD-Fraktion. Das Parlament habe einige Zeit darauf warten müssen, aber nun habe man mit der Digital- und der Gigabitstrategie zwei Vorlagen, die einen konkreten Weg aufzeigten. Dies sei die digitalpolitische Prioritätenliste dieser Legislatur, so Müller.

Mit der Gigabitstrategie werde der Ausbau von Glasfaseranschlüssen vorangetrieben und für schnelles Internet in jedem Zuhause und jeder Schule gesorgt. Bis 2030 sollten die neuesten Mobilfunkstandards, egal ob in der Stadt oder auf dem Land, verfügbar sein. Müller erwähnte auch, dass es für diese Vorhaben eine „entsprechende finanzielle Untersetzung“ brauche. Man benötige also das vereinbarte Digitalbudget, schloss er.

CDU/CSU: „Ziele sind ambitionslos“

Nadine Schön von der CDU/CSU-Fraktion kritisierte, dass es der Strategie an Visionen fehle: Wo man hinwolle, sei „gar nicht definiert“, so Schön. Der Minister habe angemerkt, dass Deutschland im internationalen Vergleich auf Platz 13 stehe, sein Ziel sei es nur, Platz 10 zu erreichen. Schön nannte die Ziele der Bundesregierung „ambitionslos“.

Die Union erwarte, dass in allen Punkten mehr Tempo gewonnen werde. Außerdem sagte die Abgeordnete, bei den Schlüsselthemen zeige sich nach einem Jahr „eine extreme Abkehr“ von dem, was im Koalitionsvertrag versprochen worden sei. Denn im Koalitionsvertrag habe man festgestellt, dass die Digitalisierung in Staat und Verwaltung ein Schlüssel sei, um künftig leistungsfähiger zu sein. Davon finde sich in der Strategie kaum noch etwas, so Schön.

Grüne: „Schnelles Internet in jedem Haus und an jeder Milchkanne“

Es könne nun losgehen mit der Digitalisierung der Gesellschaft, sagte Maik Außendorf von der Grünen-Fraktion. Wenn man sich anschaue, welche drei Hebelprojekte benannt worden seien, könne man erkennen, warum die Vorlage den Namen „Strategie“ verdiene. Potenzial stecke besonders in den Punkten elektronische Identität, in der Nutzbarmachung von Daten, die in Unternehmen oder in Regierungsstellen schlummerten. Auch das Thema digitale Nachhaltigkeit spiele eine wichtige Rolle.

Die Grundlage für alle Konzepte seien aber leistungsfähige Netze, so Außendorf: „schnelles Internet in jedem Haus und an jeder Milchkanne“. Nur so könne man Lösungen, wie beispielsweise digitale Rufbusse, schaffen, die die Mobilität im ländlichen Raum verbesserten.

AfD: „Ein Potpourri an Elementen“

Die Antwort auf die Frage, was genau eigentlich Digitalisierung sei, erhalte man beim Lesen der Digitalstrategie nicht, fand Barbara Lenk von der AfD-Fraktion. Die Digitalstrategie sei ein „Potpourri an Elementen“. Lenk sagte, dass ein Digitalministerium noch immer fehle und ein Gerangel um Zuständigkeiten weiterhin wahrscheinlich sei. Positiv fand sie, dass sich die Koalition am Ende der Legislaturperiode an den Vorgaben messen lassen wolle. Dennoch kritisierte Lenk, dass auf 50 Seiten Digitalstrategie kaum konkrete Projekte mit Verantwortlichkeiten aufgelistet seien, ihre Fraktion könne keine echte Digitalstrategie erkennen.

Linke: „Kein einziges Gespräch mit Zivilgesellschaft“

Anke Domscheit-Berg von der Linksfraktion nannte die Ziele der Digitalstrategie „schwammig“. Die Strategie habe keine Vision, es sei unklar, was man mit ihr erreichen wolle und Verantwortung bliebe weiterhin völlig konfus verteilt, so Domscheit-Berg weiter. Sie habe zudem Zweifel, dass die formulierten Ziele umgesetzt würden. Die Abgeordnete kritisierte außerdem, dass Lobbyisten der Wirtschaft mehrmals Einfluss auf die Digitalstrategie genommen hätten, es hingegen kein einziges Gespräch mit der Zivilgesellschaft gegeben habe.

Die komplette Bundestagsdebatte seht ihr hier im Video, das Protokoll findet ihr wie immer auf bundestag.de.

(Mira Knauf)

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