Zum Inhalt springen

Tech-Giganten Wie lässt sich ihre Macht begrenzen?

Messenger-Dienste wie Whatsapp sind aus unserem Alltag nicht wegzudenken, Amazon ist verführerisch und bequem. Die Tech-Giganten sind zu mächtig geworden, ist die einhellige Meinung der Politik. Was tun?

Junge Frau schaut auf ihr Handy

Wir alle verbringen viel Zeit am Handy. Hinter den Apps, Suchmaschinen und Händlern, die wir nutzen, stecken oft mächtige Firmen. © Shutterstock/Evannovostro

Mal schnell ein Foto an Freunde verschicken, der Oma Glückwünsche senden, eine Sprachnachricht in den Klassen-Chat – ein großer Teil der Deutschen nutzt zur alltäglichen Kommunikation Messenger-Dienste wie Whatsapp. Zusätzlich laden viele Stories bei Instagram hoch und tauschen sich per Direktnachricht darüber aus.

Insgesamt kommen so eine ganze Menge an Informationen über uns als User zusammen, die von den Anbietern dieser Dienste gesammelt werden. Sie kennen unser Geschlecht, Alter, unsere Standorte, genutzten Geräte, unsere „Gefällt mir“-Angaben, unsere Freunde und, und, und.

Hinter verschiedenen Services steckt oft nur ein einzelnes Unternehmen: In dem Fall von Whatsapp und Instagram ist das Meta Platforms. Auch das soziale Netzwerk Facebook gehört zu Meta Platforms.

CDU/CSU-Fraktion will Macht begrenzen

Die Firmen verfügen nicht nur über ganz schön viele Daten, die sie zum Beispiel für gezielte Werbung nutzen können. Sie verfügen auch über viel Macht auf dem Markt der digitalen Apps. Ein Beispiel: Sobald es eine neue Instant-Messaging-App gibt, die bei Nutzern beliebt wird, kaufen die großen Unternehmen die kleineren Anbieter häufig auf. So sorgen sie dafür, dass sie einerseits keine Konkurrenten haben und andererseits sichern sie sich noch mehr Macht. Das Aufkaufen der kleineren Konkurrenten nennt man „Killer Acquisitions“.

Die Macht-Position der Tech-Giganten ist der CDU/CSU-Fraktion ein Dorn im Auge. In einem Antrag kritisiert sie diese und fordert die Regierung dazu auf, sich in der Europäischen Union (EU) dafür einzusetzen, den dominanten Unternehmen Grenzen zu setzen. Die EU feilt derzeit an schärferen Regeln für Tech-Giganten, unter anderem mit dem sogenannten Digital Markets Act (DMA).

Digital Markets Act

Der Digital Markets Act, kurz DMA, ist ein Gesetzesvorschlag der Europäischen Kommission, der vom Europäischen Parlament verabschiedet werden soll. Ziel ist es sicherzustellen, dass es auf den digitalen Märkten in Europa fair zugeht – für die Kunden etwa oder auch für kleinere Firmen.

Dadurch dass große Unternehmen einen großen Anteil des Markts beherrschen, können sie aktuell bestimmen, wer auf dem Markt eine Chance hat. Der DMA soll die Position der kleinen Unternehmen stärken und so ermöglichen, dass es mehr Wettbewerber für die großen Unternehmen gibt.

Außerdem soll der DMA die Tech-Giganten auch in einem anderen Bereich strenger regulieren. Beispiel Amazon: Der Onlineversandhändler mit seiner breit gefächerten Produktpalette entscheidet, welche Produkte einem Nutzer weit oben angezeigt werden, wenn dieser etwa nach einem Paar Sportschuhe oder einem Tennisschläger sucht. Kommt der DMA, dürfte Amazon beispielsweise die eigenen Produkte auf der Seite nicht länger bevorzugt darstellen.

Am 18. Februar berieten die Abgeordenten den Antrag der CDU/CSU-Fraktion im Bundestag in einer halbstündigen Debatte. Insgesamt war man sich einig, dass der Einfluss dieser großen Firmen beschränkt werden müsse, trotzdem diskutierten die Parlamentarier kontrovers.

Hansjörg Durz (CDU/CSU): „Konkurrenz aufgekauft, Wettbewerb zerstört“

Hansjörg Durz (CDU/CSU) wies zu Beginn seiner Rede darauf hin, wie schwierig es sei, auf Messenger-Dienste wie Whatsapp zu verzichten. Er bezog sich auf eine Untersuchung der Bundesnetzagentur. Die ergab, dass 93 Prozent der Menschen, die Messenger-Dienste nutzen, über Whatsapp kommunizieren. Wenn man versuche, auf den Dienst zu verzichten, komme das einer „digitalen Quarantäne“ gleich, so Durz.

Wer nicht ausgeschlossen sein möchte, müsse also auf Whatsapp mitmachen. Das zeige, wie groß die Macht dieser Firmen sei. Um diese Macht zu reduzieren, sei es notwendig, dass Anbieter ihre Dienste so gestalten, dass die verschiedenen Messenger miteinander funktionieren. Es sei schließlich auch möglich, dass ein Vodafone-Kunde mit einem Telekom-Kunden telefonieren könne. Diese sogenannte Interoperabilität zwischen den Diensten sei laut Durz notwendig für einen fairen Wettbewerb auf dem Markt.

Die Untersuchung der Bundesnetzagentur habe außerdem ergeben, dass neben Whatsapp der Facebook- und der Instagram-Messenger am häufigsten benutzt würden. Er kritisierte, dass die Konkurrenz hier aufgekauft wurde und somit Konkurrenz und Wettbewerb gleichzeitig zerstört worden seien. Hier müsse reguliert und gegengesteuert werden.

Johannes Arlt (SPD): „Brauchen den digitaler Überschallknall“

Johannes Arlt von der SPD fand, dass die „Begrenzung der Marktmacht von Tech-Giganten auf nationaler und auch auf europäischer Ebene“ zu begrüßen sei – und auch die Schaffung von fairen Marktbedingungen und Interoperabilität verschiedener Messengerdienste.

Allerdings sei das Wettbewerbsrecht nur ein Teil des Problems. Vielmehr ginge es auch darum, dass die Digitalisierung alle Bereiche der Gesellschaft betreffe und deshalb müssten vor allem auch Rahmenbedingungen für alle Menschen geschaffen werden. In Deutschland bräuchte es einen „digitaler Überschallknall auf allen gesellschaftlichen Ebenen“, so Arlt.

Denn Deutschland stehe im internationalen Vergleich, was die Digitalisierung angehe, sehr schlecht da. Arlt nannte drei Punkte, die im Antrag der CDU/CSU-Fraktion nicht vorkämen: Nur drei Prozent der Bevölkerung nutze in Deutschland Hochleistungsinternetanschlüsse (Glasfasernetz). Die digitale Infrastruktur auf dem Land sei deutlich schlechter als in den Städten. Und wenn es um das sogenannte e-Government geht, stehe Deutschland auch schlecht da. Dazu erklärt Arlt, dass man in europäischen Nachbarländern beispielsweise seinen Nachnamen über eine App ändern oder sich digital scheiden lassen könne.

Er kritisiert außerdem, der Antrag der CDU/CSU sei zu sehr auf Tech-Giganten fixiert und berücksichtige die mittelständische Wirtschaft in Deutschland nicht genug.

Malte Kaufmann (AfD): „Kunden in die Arme der Tech-Giganten getrieben“

Malte Kaufmann erklärte zu Beginn seiner Rede zunächst, die AfD wolle dem Antrag der CDU/CSU-Fraktion zustimmen. Allerdings sei der Antrag der Fraktion nicht glaubwürdig. Denn eine Partei, die 16 Jahre Kanzlerschaft von Angela Merkel möglich gemacht habe, sei nicht glaubhaft, so Kaufmann. Die Partei habe 190.000 Mitglieder verloren, auch ihn.

Kaufmann behauptete in seiner Rede, die „verkorksten Corona-Politik“ der letzten zwei Jahre habe der Marktmacht der Tech-Giganten Schub verliehen. Die Lockdowns seien dafür verantwortlich, dass Amazon gut dastehe, während viele Einzelhändler dichtgemacht hätten. Denn Menschen hätten sich nicht mehr aus dem Haus getraut, Kunden seien so in die Arme von Tech-Giganten wie Amazon getrieben worden.

Maik Außendorf (Grüne): „Einfluss großer Monopolisten begrenzen“

Maik Außendorf von der Grünen-Fraktion ging zu Beginn seiner Rede direkt auf den Digital Markets Act (DMA) ein. Der DMA sei ein „Meilenstein im Kampf gegen die Übermacht der großen Tech-Konzerne“. Außendorf betonte, dass es im Interesse von Nutzern und kleinen Unternehmen liege, dass die EU klare Regeln für die Online-Welt setze und so den Einfluss „großer Monopolisten“ begrenze.

Viele Punkte des Antrags entsprächen bereits dem Koalitionsvertrag, so Außendorf. Es sei wichtig, gegen die Killer Acquisitions vorzugehen. Denn „immer wenn ein zartes Pflänzchen wächst, kaufen die Konzerne dieses auf und machen damit unser Ökosystem kaputt“, sagte Außendorf.

Pascal Meiser (Linke): „Plattform-Regulierung mit klaren Regeln“

Pascal Meiser von der Linken-Fraktion begrüßte, dass die Union ein Verbot der Killer-Acquisitions wolle, betonte aber, dies sei ursprünglich eine Forderung der Linken gewesen.

Meiser kritisierte, die CDU/CSU-Fraktion habe gemeinsam mit der SPD in den vergangenen Jahren nicht viel dafür getan, dass Einzelunternehmen gegenüber den großen Internetkonzernen gestärkt würden. Auch die Ampel-Fraktionen lieferten hier „keine erkennbaren Ansätze“. Allein mit dem Wettbewerbsrecht zu arbeiten, sei zu kurz gedacht. Es brauche vielmehr eine Plattform-Regulierung mit klaren Regeln für die verschiedenen digitalen Plattformen.

Nicole Bauer (FDP): „Sehr viele Eintrittsbarrieren“

Nicole Bauer von der FDP-Fraktion sagte, die Gestaltung der „digitalen Märkte“ sei die „größte wirtschaftliche Herausforderung des Jahrzehnts“. Sie betonte, wie wichtig der Fortschritt für Deutschland sei und das Fortschritt durch freien Wettbewerb gefördert werde.

Derzeit gebe es aber „sehr viele Eintrittsbarrieren“, wenn es um die digitalen Märkte gehe. Dass die Tech-Giganten die digitalen Strukturen kontrollierten, sei eine Gefahr für den fairen Wettbewerb und die Demokratie, so Bauer.

Man wolle sich außerdem dafür einsetzen, dass Deutschland als Standort für Start-ups interessant sei. Im Hinblick auf nationale und europäische Politik sei es zudem wichtig, die kleinen und mittleren Unternehmen im Blick zu behalten, sodass diese nicht durch die Regulierung gehemmt werden. Außerdem müsse geklärt werden, welche Unternehmen überhaupt als „marktbeherrschend“ gelten, dafür brauche es eine klare Definition.

Die komplette Bundestagsdebatte seht ihr hier im Video, das Protokoll findet ihr wie immer auf bundestag.de.

(Mira Knauf)

Mehr zum Thema