Die erste Bundestagswahl 1949 Auf zu den Urnen!
Naomi Webster-Grundl
Allgemein, unmittelbar, frei, gleich und geheim: Im August 1949 fand die erste demokratische Wahl in Deutschland seit der Machtergreifung der Nationalsozialisten statt. Was lief damals anders ab als heute und wer wurde gewählt?
Bundesrepublik Deutschland, 14. August 1949: Die erste bundesweite freie demokratische Wahl seit den Reichstagswahlen im Jahr 1932. Mit der Verabschiedung des Grundgesetzes im Mai 1949 war die Bundesrepublik gegründet worden und die Bürgerinnen und Bürger waren dazu aufgerufen, den ersten Deutschen Bundestag zu wählen. In der DDR hingegen konnten die Bewohner erst wieder am 18. März 1990 an freien Wahlen teilnehmen.
Das Wahlsystem
Erst wenige Monate vor der Wahl hatte der Parlamentarische Rat – das Gremium, das auch das Grundgesetz erarbeitet hatte – über das Wahlsystem der ersten Bundestagswahl der Bundesrepublik entschieden. Nachdem Mitglieder der CDU vorwiegend für eine Mehrheitswahl waren und die Vertreter von SPD, FDP, Zentrum und KPD eine Verhältniswahl befürworteten, einigten sie sich schließlich auf einen Kompromiss: eine personalisierte Verhältniswahl. Dies bedeutete: Ein Teil der Abgeordneten wurde nach relativer Mehrheitswahl direkt über Wahlkreise gewählt, in denen sich Kandidaten zur Wahl stellten, von denen nur die Person mit den meisten Stimmen in den Bundestag einzog. Der andere Teil der Abgeordneten wurde über aufgestellte Wahllisten der jeweiligen Parteien gewählt. Entsprechend den Stimmanteilen der jeweiligen Partei wurde die Anzahl der Abgeordneten bestimmt, die in den Bundestag einziehen durften. Der Anteil der Parteien an den Sitzen im Bundestag wurde also durch eine Verhältniswahl ermittelt.
Im Gegensatz zu allen späteren Wahlen hatten die Wählerinnen und Wähler 1949 jedoch nur eine Stimme, mit der sie gleichzeitig ihren Direktkandidaten und die Landesliste einer Partei unterstützen konnten. Erst seit 1953 können die Erststimme für einen Kandidaten im Wahlkreis und die Zweitstimme für die Liste einer Partei abgegeben werden. Damals existierte eine Fünf-Prozent-Klausel auf Landesebene, bei der die Parteien mindestens fünf Prozent der abgegebenen gültigen Stimmen oder einen Wahlkreissitz (Grundmandatsklausel) errungen haben mussten, um Listensitze im Verhältnisausgleich zugeteilt zu bekommen. Die bundesweite Fünf-Prozent-Hürde, die noch heute gilt, wurde ebenfalls erst mit dem Wahlgesetz von 1953 eingeführt.
Das Mindestalter für das aktive Wahlrecht lag bei 21 Jahren, das passive Wahlrecht bei 25 Jahren. 1972 wurde das aktive Wahlalter und 1975 das passive Wahlalter auf 18 Jahre gesenkt. In West-Berlin fanden bis 1990 aufgrund des Vier-Mächte-Status keine Bundestagswahlen statt. Stattdessen entsandte das Abgeordnetenhaus die sogenannten Berliner Abgeordneten in den Bundestag, die nicht stimmberechtigt waren.
Gut zu wissen
Fünf Unterschiede
zwischen der ersten Bundestagswahl 1949 und späteren Bundestagswahlen
Der Wahlkampf
Während des Wahlkampfs lagen große Teile Deutschlands noch in Trümmern. Die Spuren der Zerstörung des Zweiten Weltkriegs waren deutlich sichtbar. Kurt Schumacher (SPD) und Konrad Adenauer (CDU), die Spitzenkandidaten der aussichtsreichsten Parteien, lieferten sich einen harten Wahlkampf. Ein Wahlkampf-Thema war zum Beispiel die Wiedervereinigung: Schumacher forderte die deutsche Einheit, Adenauer setzte auf die Westintegration der Bundesrepublik.
Wahlbeteiligung
Von den ca. 31,2 Millionen Wahlberechtigten beteiligten sich 78,5 Prozent an der Wahl, also ungefähr 24,5 Millionen Menschen. In den darauffolgenden Wahlen bis 1990 lag die Wahlbeteiligung stets höher, zwischen 86 Prozent und 91 Prozent.
Die Wahlergebnisse
CDU/CSU: 31 Prozent der Stimmen (139 Mandate + 2 Berlin)
SPD: 29,2 Prozent (131 Mandate + 5 Berlin)
FDP/DVP: 11,9 Prozent (52 Mandate + 1 Berlin)
KPD: 5,7 Prozent (15 Mandate)
Bayern-Partei (BP): 4,2 Prozent (17 Mandate)
Deutsche Partei (DP): 4,0 Prozent (17 Mandate)
Zentrum (Z): 3,1 Prozent (10 Mandate)
Wirtschaftliche Aufbau-Vereinigung (WAV): 2,9 Prozent (12 Mandate)
Deutsche Konservative Partei/Deutsche Rechtspartei (DKP/DRP): 1,8 Prozent (5 Mandate)
Hinzu kamen drei unabhängige Abgeordnete und ein Abgeordneter des Südschleswigschen Wählerverbandes (SSV).
In 242 Wahlkreisen wurden Direktkandidaten gewählt, 158 Abgeordneten zogen über Landeslisten ein. Hinzu kamen zwei Überhangmandate von CDU und SPD. Insgesamt setzte sich der erste deutsche Bundestag entsprechend aus 402 Abgeordneten sowie acht Abgeordneten aus West-Berlin zusammen. Von den 19 angetretenen Parteien waren insgesamt elf im ersten Deutschen Bundestag vertreten.
Dem ersten Deutschen Bundestag gehörten zu Beginn der Wahlperiode 28 Frauen an, was einem Anteil von knapp sieben Prozent entsprach. Am Ende der Wahlperiode lag der Anteil durch das Nachrücken mit insgesamt 38 Frauen bei neun Prozent. Das Durchschnittsalter aller Abgeordneten betrug 50 Jahre. Viele Mitglieder des ersten Deutschen Bundestages verfügten über parlamentarische Erfahrungen: So hatten unter anderem drei Bundestagsabgeordnete bereits der Weimarer Nationalversammlung 1919/20 angehört. 29 Abgeordnete waren Mitglied des Reichstages bis 1933 gewesen, sechs gehörten dem Länderrat der amerikanischen, 40 dem Zonenbeirat der britischen Besatzungszone an und 34 hatten dem Parlamentarischen Rat angehört.
Nach der Wahl trat der erste Deutsche Bundestag am 7. September 1949 zu seiner konstituierenden Sitzung zusammen.
Der erste Deutsche Bundestag
14. August 1949 - Die erste Bundestagswahl
Der 14. August 1949 ist ein wichtiges Datum in der Geschichte des deutschen Parlamentarismus. Denn an jenem Tag fand die Wahl zum ersten Deutschen Bundestag statt. 78,5 Prozent der mehr als 31 Millionen Wahlberechtigten strömten in die Wahllokale und gaben ihre Stimme ab.