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Plenarassistentin „Wir sind Geheimnisträger“

Über den Sommer stellen wir Menschen vor, die den Bundestag im Hintergrund am Laufen halten. Heute: Brigitte Rubbel ist seit mehr als 20 Jahren Plenarassistentin und leitet heute den Bereich.

Im Dienst immer im Frack: Platzmeisterin Brigitte Rubbel im Plenarsaal. © DBT/Lichtblick/Achim Melde

Neben den Abgeordneten sind sie die Einzigen, die den Plenarsaal im Reichstagsgebäude während der Sitzungen betreten dürfen: die Plenarassistenten. Man erkennt sie am Frack. Leise und diskret sorgen sie dafür, dass an Sitzungstagen im Bundestag alles rund läuft.

Brigitte Rubbel leitet diesen Bereich in der Bundestagsverwaltung. Als „Platzmeisterin“ ist sie für die 65 angestellten Plenarassistentinnen und -assistenten zuständig.

„Wir sind mitten im politischen Geschehen dabei“

Seit 22 Jahren macht Brigitte Rubbel diesen Job. Was sie daran mag? „Jeder Tag ist anders“, sagt sie. Besondere Highlights seien natürlich große Ereignisse wie die konstituierende Sitzung nach einer Bundestagswahl oder die großen Bundesversammlungen, bei denen Politikerinnen und Politiker, aber auch Prominente aus Sport, Film oder Kultur den Bundespräsidenten oder die Bundespräsidentin wählen.

„Wir sind mitten im politischen Geschehen dabei“, erklärt Brigitte Rubbel. Menschen, die andere nur aus dem Fernsehen kennen, empfängt sie im Plenarsaal, bringt sie zu ihren Plätzen und reicht ihnen „das berühmte Glas Wasser“, wie sie sagt.

Etwa 45 bis 50 Plenarassistenten sind pro Plenarsitzung im Einsatz. Im Fernsehen sieht man nur die, die tatsächlich im Saal sind. Andere sitzen an den Eingängen auf der Plenarsaalebene, über die die Abgeordneten in den Saal kommen, und bei den Besuchertribünen. Sie sind für den Einlass zuständig. „Da muss man sehr konzentriert arbeiten, damit niemand Unbefugtes reinkommt“, erklärt Brigitte Rubbel. Besonders schwierig sei das zu Beginn einer neuen Legislaturperiode, wenn man die neuen Abgeordneten noch nicht so gut kenne. Und ganz besonders herausfordernd war es zur Corona-Zeit, als alle Masken tragen mussten. 

Im Aufzug mit dem Dalai Lama

Vorne in der Mitte des Plenarsaals sitzt die Bundestagspräsidentin oder eine der vier Vizepräsidentinnen oder der Vizepräsident und leitet die Sitzung. Auch dabei unterstützen die Plenarassistenten, indem sie die vereinbarten Redezeiten der Abgeordneten überprüfen oder zur namentlichen Abstimmung klingeln. „Wenn ich im Präsidium sitze, kriege ich von den Reden im Plenum nichts mit, weil ich so hochkonzentriert bin auf meine Aufgaben“, erzählt Brigitte Rubbel. „Wenn man da etwas falsch macht, hat das eine starke Außenwirkung. Das möchte man natürlich vermeiden.“

Am Einlass sitzen die Plenarassistenten direkt an den Fernsehgeräten. Da höre sie sich schon mal eine Rede intensiv an, wenn sie das Thema und der Redner interessiere, so Rubbel.

Für immer im Gedächtnis werden ihr besonders berühmte Gäste bleiben: der Papst, der Dalai Lama, König Charles III. „Das ist schon ein Privileg, mit solchen Persönlichkeiten in einem Aufzug zu stehen.“

Für Notfälle gibt es den „roten Knopf“

Ein anderes Ereignis, das Brigitte Rubbel nicht vergessen wird: Einmal sprangen Störer von den Besuchertribünen in den Plenarsaal, während sich draußen an der Fassade des Reichstagsgebäudes Aktivisten abseilten. „Das war eine sehr kritische Situation“, erinnert sich Rubbel. Die Plenarassistenten dürfen nicht handgreiflich werden. „Aber wir haben die Personen streng gebeten, uns nach draußen zu begleiten, wo dann die Polizei gewartet hat.“

In Notfällen darf die Polizei allerdings ausnahmsweise auch in den Plenarsaal kommen. Unter dem Präsidentenplatz gibt es einen „roten Knopf“. Wenn der aktiviert wird, bekommt die Leitstelle der Bundestagspolizei sofort eine Benachrichtigung, dass eine Gefahrenlage besteht. „Das passiert aber sehr, sehr selten“, stellt Brigitte Rubbel klar. „In meiner langen Amtszeit habe ich das nur das eine Mal erlebt.“

Was macht einen guten Plenarassistenten aus?

Der Job ist beliebt. An Bewerbungen mangelt es nie, erzählt Brigitte Rubbel. Wer als Plenarassistent anfangen will, braucht eine abgeschlossene Berufsausbildung und Berufserfahrung in einem Bereich, der „artgleich“ ist. Das kann zum Beispiel die Gastronomie sein, der Einzelhandel, das Hotel- und Gaststättengewerbe oder die Flugbegleitung.

Brigitte Rubbel war früher Zahnarzthelferin. „Als ich angefangen habe, waren noch alle dienstleistungsorientierten Berufe zugelassen“, erklärt sie. Deshalb gibt es unter den dienstälteren Kollegen auch frühere Maurer, Friseurinnen und Kfz-Mechaniker.

„Wichtig ist, dass man gerne mit Menschen arbeitet, selbstbewusst ist und keine Scheu hat, auch mal zu sagen: Hier dürfen Sie nicht langlaufen!“ Man müsse sich gut artikulieren können. Und auch äußerlich müsse man eine gewisse Seriosität vermitteln, erklärt Rubbel. „Wir können niemanden mit Irokesen-Haarschnitt oder Tätowierung im Gesicht einstellen. Eine Tätowierung sagt natürlich nichts darüber aus, ob jemand gute Arbeit leistet oder nicht, aber bei uns passt das einfach nicht zum Frack.“

Und noch etwas ist Brigitte Rubbel besonders wichtig bei ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern: Diskretion. „Wir sind Geheimnisträger“, sagt sie. „Da verbietet es sich natürlich, mit gewissen Dingen, die man im Plenarsaal mitbekommt, hausieren zu gehen.“

(Julia Karnahl)

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