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Küchenleiter „Es ist nie langweilig“

Julia Karnahl

Über den Sommer stellen wir Menschen vor, die den Bundestag im Hintergrund am Laufen halten. Heute: Mario Haubert ist für die Verpflegung von Abgeordneten, Mitarbeitern und Besuchern verantwortlich.

Collage von zwei Bildern. Links: Ein Mann in Küchenuniform lehnt gegen eine Bartheke. Rechts: Restaurantraum mit runden Tischen aus Holz und gestapelten Stühlen.

Links Mario Haubert in einem der Cafés im Bundestag, rechts die wohl spektakulärste Kantine im Parlament: der Lampenladen. © Dussmann / picture alliance/dpa/Kay Nietfeld

„Ein Koch in einer ganz normalen Kantine wollte ich nie sein“, erzählt Mario Haubert, der im Jahr 2000 seine Koch-Ausbildung abgeschlossen hat. „Ich habe das hier mit aufgebaut, als das Parlament von Bonn nach Berlin umgezogen ist.“

Heute entwirft Haubert, der für das Berliner Dienstleistungsunternehmen Dussmann arbeitet, Speisepläne, veranlasst die Bestellungen, ist für die Personalplanung zuständig und begleitet die Qualitätskontrollen. Was er an seinem Job mag? „Jeden Tag passiert etwas Unvorhersehbares, es ist nie langweilig“, sagt er. Noch wichtiger aber ist für ihn: „Im Zentrum des Geschehens zu arbeiten, eine Nähe zu dem zu haben, was in der Republik politisch passiert – das reizt mich am meisten.“

Wenn Haubert mit einem Abgeordneten im Fahrstuhl steht, dessen Interview er am Morgen im Radio gehört hat, gibt er auch mal direkt Feedback: „Man merkt ja, wer daran Interesse hat“, erklärt er. „Zu vielen Abgeordneten entwickelt man schon ein gutes zwischenmenschliches Verhältnis. Zwischendurch ist in den Restaurants manchmal auch Zeit, sich ein bisschen zu unterhalten.“  

Bis zu 7.000 Essen am Tag

Drei Kantinen gibt es im Bundestag, zwei sind hauptsächlich für Abgeordnete und Mitarbeiter gedacht, eins ist speziell für die Besuchergruppen, die jeden Tag im Parlament zu Gast sind. Zusätzlich gibt es noch ein exklusives „À-la-carte-Restaurant“ und zwei Café-Bars.

In den Sitzungswochen ist viel los. „Da gehen bis zu 7.000 Essen am Tag über den Tisch“, erzählt der Küchenleiter. In den sitzungsfreien Wochen ist weniger Betrieb. Auch während der parlamentarischen Sommerpause, wenn die Abgeordneten in ihren Wahlkreisen sind, arbeiten die Mitarbeiter der Bundestagsverwaltung weiter. Und auch Besuchergruppen kommen das ganze Jahr über, um sich den Bundestag anzuschauen.

Etwa 60 Mitarbeiter kümmern sich um die Verpflegung der Abgeordneten, Gäste und Mitarbeitenden: Köche und Küchenhilfen, Restaurant-Fachkräfte und Bürokaufleute. Das Team ist nicht nur für die Restaurants, sondern auch für die Beköstigung bei Veranstaltungen wie Empfängen und Fraktionssitzungen zuständig.

Von Schnitzel bis veganer Bowl

Seit der letzten Bundestagswahl hat sich das Essverhalten im Parlament spürbar verändert, berichtetet Haubert. „Man merkt, dass es jetzt mehr junge Abgeordnete und Mitarbeiter gibt. An manchen Tagen verkaufen wir mehr vegetarische als fleischhaltige Gerichte.“ Und auch vegane Esser würden immer häufiger.

Trotzdem gibt es weiter Klassiker wie Schnitzel und Currywurst. Die werden auch nach wie vor stark nachgefragt. Aber dazu kommen eben neue Favoriten wie Bowls oder Gemüsepfannen. „Das ist ein bunter Mix bei uns“, sagt Haubert. Ihm sei dabei wichtig, Schritte in Richtung Ernährungswende bewusst mitzugehen: „Weniger Fleisch, mehr regionale und saisonale Produkte – das sind Dinge, auf die wir achten. Das kommunizieren wir auch, und es wird durchaus positiv wahrgenommen.“

Den Köchen mache es Spaß, wenn sie kreativ sein können. „Dank der hohen Besucherzahlen können wir auch oft was Neues ausprobieren“, freut sich Haubert.

Ausnahmesituationen von Fußball-WM bis Corona

Besonders in Erinnerung blieben die außergewöhnlichen Ereignisse, berichtet Haubert. Die Bundesversammlungen zum Beispiel, bei denen hunderte Politikerinnen und Politiker, aber auch andere Berühmtheiten zusammenkommen, um einen neuen Bundespräsidenten zu wählen. „Da hat man mitunter auch mal etwas länger auf den letzten Wahlgang gewartet“, erinnert sich der Küchenleiter. „Aber dafür war man ganz nah dran am Geschehen, das war immer spannend.“

Auch die Corona-Zeit ist hängengeblieben. „Da wirkte der Bundestag wie ausgestorben.“ Trotzdem habe er mit seinem Team weiter Abgeordnete und Mitarbeiter bekocht, erzählt Haubert. Die durften allerdings nicht mehr in den Kantinen sitzen, sondern mussten ihr Essen mit ins Büro nehmen. „Das waren außergewöhnliche Zeiten – und trotzdem hat man versucht, die Versorgung und auch die Stimmung aufrechtzuerhalten.“

Ein absolutes Highlight sei die Fußball-WM 2006 gewesen – mit eigener „Bundestagsarena“ und entsprechender thematischer Verpflegung. „Das waren anstrengende, aber auch sehr schöne Wochen damals im Sommer.“

(Julia Karnahl)

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