Zum Inhalt springen

Antrag Soll es ein „Jahr der deutschen Sprache“ geben?

Hanna Kazmirowski

Anglizismen, Abkürzungen und Social-Media-Slang – vieles beeinflusst unsere Sprache. Mit zwei Anträgen will die AfD-Fraktion die deutsche Sprache stärker hervorheben. Was sagen andere Bundestagsabgeordnete dazu?

Duden liegt auf Tastatur

Im Duden schlagen viele nach, wenn sie bei einem deutschen Wort unsicher sind. © picture alliance / ZB | Sascha Steinach

Vor 500 Jahren begann der Reformator Martin Luther, das Neue Testament der Bibel aus dem Griechischen ins Deutsche zu übersetzen, genauer gesagt ins Frühneuhochdeutsche. Zu der Zeit gab es bereits einige Übersetzungen der Bibel, aber keine zuvor war so nah an der Lebenswirklichkeit der Menschen wie Luthers Übersetzung. Sie gilt daher als wegbereitend und prägend für das Deutsch der folgenden Jahrhunderte.

Anträge der AfD

Daran möchte die AfD-Fraktion erinnern und beantragte, „2021 zum Jahr der deutschen Sprache“ zu erklären. Die Abgeordneten wollen, dass dieses Jahr Gedenk- und Festveranstaltungen stattfinden, um an den Beginn der Bibelübersetzung zu erinnern. Bürger und Wissenschaftler sollen sich mit „Gegenwart und Zukunft der deutschen Sprache“ beschäftigen.

Ihren Antrag begründete die Fraktion damit, dass das Deutsche bedroht sei, weil überall – ob in der Wirtschaft, Wissenschaft oder im Alltag – immer weniger Menschen auf Deutsch kommunizierten. Sogar Studiengänge würden von Universitäten immer öfter auf Englisch angeboten. Zudem beeinflussten Migranten die Sprache, etwa durch eine falsche Aussprache und Grammatik.

In ihrem zweiten Antrag geht es der Oppositionsfraktion AfD um die Bedeutung der deutschen Sprache in der Europäischen Union. Die Abgeordneten wollen „Deutsch als Arbeitssprache in der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik der Europäischen Union“ (GASP) verankern. Das begründen sie damit, dass etwa ein Drittel aller Europäer der EU (32 Prozent) Deutsch sprechen könnten, als Muttersprache oder Fremdsprache – Deutsch sei Platz zwei nach Englisch.

AfD gegen „gendergerechte Sprache“

In der Debatte zu beiden Anträgen, die vor Kurzem im Plenum stattfand, unterstrich Götz Frömming die Position seiner Fraktion. Der AfD-Abgeordnete verurteilte Versuche als „autoritär“, „eine vermeintlich gendergerechte Sprache“ zum Beispiel in den Medien durchzusetzen: „So etwas gibt es eigentlich nur in Diktaturen“.

Und für Deutsch als Arbeitssprache der EU spräche: Seit Großbritannien aus der Europäischen Union ausgetreten ist, sei es „noch absurder, wenn sich dort alle nur noch im schlechten Englisch unterhalten“, sagte Frömming.

CDU/CSU: „Ihnen geht es um die Ablehnung alles anderen“

Melanie Bernstein von der CDU/CSU-Fraktion sprach sich gegen die Anträge der AfD-Fraktion aus. Sie wandte sich an die Oppositionsfraktion mit den Worten: „Ihnen geht es nicht um die Liebe zur deutschen Sprache. Ihnen geht es um die Ablehnung alles anderen“. Statt andere Sprachen auszugrenzen, wolle man Deutsch fördern, damit es viele Menschen weltweit lernten.

Als Beispiel nannte Bernstein das Goethe-Institut, das in fast hundert Ländern die deutsche Kultur und Sprache vermittle. „Wir müssen uns also von Ihnen nicht erzählen lassen, wir ließen die deutsche Sprache verkommen.“ Kollegin Ursula Groden-Kranich stellte in Anspielung auf die Migrationspolitik der AfD die Frage: „Wieso sollen möglichst viele Europäer Deutsch lernen, die dann möglichst doch nicht zu uns kommen sollen?“

FDP: „Eine dritte offizielle Amtssprache ist nicht notwendig“

Hartmut Ebbing von der FDP sagte, dass das Pflegen der eigenen Sprache „unterstützenswert“ sei. Englisch sei aber die internationale Handelssprache geworden. Im Vergleich zu 370 Millionen englischen Muttersprachlern gebe es nur circa 90 Millionen deutsche. Weitere 80 Millionen sprächen Deutsch als Zweitsprache.

Ebbings Fazit: „Daher glauben wir von der FDP, dass eine dritte offizielle Arbeitssprache in der europäischen GASP nicht mehr notwendig ist.“ GASP ist die „Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik der Europäischen Union“.

SPD: „Die beiden Anträge sind überflüssig“

Martin Rabanus sagte im Namen der Sozialdemokraten, es müsse in der GASP um Funktionalität gehen. In anderen Worten: Eine weitere Arbeitssprache wäre nicht praktisch. Abgesehen davon würde die Bundesregierung die deutsche Sprache durchaus fördern: „Wir haben fast eine Milliarde Euro für die Auswärtige Kultur- und Bildungspolitik“ zur Verfügung, sagte er.

Auch in Bezug auf das Gedenkjahr zur deutschen Sprache äußerte der SPD-Abgeordnete Kritik. Es „funktioniert nicht“, ein Jahr, das bereits begonnen habe, ohne Konzept zum Anlass zu nehmen. Normalerweise müsse soetwas mehrere Jahre im Voraus geplant werden. Rabanus fasste zusammen: „Die beiden Anträge sind überflüssig.“

Linke: Es gehe um „Deutschtümelei“

Die Linksabgeordnete Simone Barrientos verurteilte, wie sich die AfD-Fraktion ausdrücke: „Ihre Worte werden zu Taten“. Sie verwies damit auf die Unwörter der letzten Jahre, wie „Klimahysterie“, „Coronadiktatur“ oder „Lügenpresse“. Die AfD mache sich diese Begriffe zunutze.

Bezüglich der „geschlechtergerechten Sprache“ entgegnete Barrientos der AfD-Fraktion: Diese zu nutzen sei „nichts anderes als eine Frage von Respekt und Anstand.“ „Ihnen geht es um Deutschtümelei“, meinte die Abgeordnete. „Deutschtümelei“ bedeutet, das Deutsche aufdringlich und übertrieben zu betonen.

Grüne: „Es lebe das ‚isch‘!“

Erhard Grundl von der Grünen-Fraktion bemerkte, dass die AfD-Fraktion seit mehreren Jahren fordere, dem Auslandsrundfunk der Bundesrepublik „Deutsche Welle“ Gelder zu streichen, obwohl gerade diese Institution die deutsche Sprache in die Welt trage. Und gleichzeitig wolle die AfD mehr Deutsch in der Europäischen Union.

Er machte sich darüber lustig, dass es die AfD-Fraktion stören würde, wenn Ausländer eine unkorrekte Aussprache hätten und beispielsweise “isch“ statt „ich“ sagten. „Es lebe das ‚isch‘!“, konterte der Niederbayer Grundl. In Bayern ist der bayrische Dialekt weit verbreitet, dort wird „isch" in der Bedeutung von „ist" verwendet.

Die Debatte könnt ihr euch im Video anschauen.

Zur Person

Mitmischen-Autorin

Hanna Kazmirowski

Hanna Kazmirowski studiert Interkulturelle Europa- und Amerikastudien in Halle und Paris und hat ein Faible für Französisch und Englisch. Wenn sie mal keine Texte schreibt, Podcasts hört oder mit Leuten spricht, macht sie gerne Sport, Fotos oder Musik. Sie freut sich über alle kleinen und großen Dinge, die sie in der Welt und im Alltag neu entdeckt und lernt.

Du hast auch Lust, bei uns mitzumischen?

Schreib für uns!

Mehr zum Thema