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Coronapandemie Zieht Deutschland die Notbremse?

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) verteidigte im Bundestag die geplante „Corona-Notbremse“. Vor allem die vorgesehene Ausgangsbeschränkung ist heftig umstritten. Schaut euch die Debatte im Video an.

Schüler mit Maske im Unterricht

Wer am Präsenzunterricht teilnehmen will, soll sich zweimal in der Woche testen lassen. © picture alliance/Eibner-Pressefoto | Fleig

Einheitliche Regeln für ganz Deutschland: Treffen nur noch mit einer weiteren Person über 14, Ausgangsbeschränkungen ab 21 Uhr, Geschäfte, Zoos & Co dichtmachen. All dies soll gelten, sobald der Sieben-Tage-Inzidenzwert über 100 steigt, ob in einem Landkreis oder einer kreisfreien Stadt. Die Inzidenz gibt an, wie viele von 100.000 Menschen sich innerhalb einer Woche neu mit dem Coronavirus angesteckt haben.

Diese Corona-Regeln und noch einige mehr hat die Bundesregierung in ein Gesetz geschrieben, das nun im Bundestag als Entwurf eines „Vierten Gesetzes zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite“ auf dem Tisch liegt. Die Koalition aus Union und SPD möchte schlussmachen mit dem uneinheitlichen Vorgehen in verschiedenen Regionen Deutschlands im Kampf gegen die Corona-Pandemie. Zurzeit kann nämlich jedes der 16 Bundesländer seine eigenen Regeln machen.

In der ersten Lesung am Freitagvormittag wurde zudem auch ein Antrag der Fraktion Die Linke mit dem Titel „Mehr Sicherheit und Lebensqualität mit Schnelltests und Selbsttests für alle“ beraten.

Kanzlerin Merkel: Keine Halbherzigkeit mehr

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) verteidigte im Bundestag den Gesetzentwurf und die „bundeseinheitliche Notbremse“. Sie sei „dringend, sie ist überfällig“. Denn Intensivmediziner sendeten einen Hilferuf nach dem anderen, man müsse die dritte Welle der Corona-Pandemie endlich brechen.

Zur Erklärung: Die Zahl der verfügbaren Intensivbetten in deutschen Krankenhäusern schrumpft rapide. Seit Mitte März macht sich das verstärkte Infektionsgeschehen auch auf den Intensivstationen bemerkbar. Betten mit High-tech-Medizin und speziellem Personl könnten knapp werden, nicht nur für Corona-Patienten, sondern auch für andere Notfälle wie Menschen mit Herzinfarkt oder Verletzten nach einem Verkehrsunfall. Im schlimmsten Fall müssen Mediziner entscheiden, wem sie ein Bett zuteilen und wem sie es verweigern.

„Das Virus verzeiht kein Zögern“, machte die Kanzlerin deutlich. Es verstehe nur eine einzige Sprache, die Sprache der Entschlossenheit. Das helfe mehr, „als wenn wir jetzt wieder halbherzig vorgehen.“

Was bewirkt die „Notbremse“?

Überschreitet in einem Landkreis oder einer kreisfreien Stadt an drei aufeinander folgenden Tagen die Anzahl der Neuinfektionen mit dem Coronavirus je 100.000 Einwohner innerhalb von sieben Tagen den Schwellenwert von 100, sollen künftig bundeseinheitliche Regelungen greifen. Demnach sollen private Zusammenkünfte auf die Angehörigen eines Hausstandes und maximal eine weitere Person begrenzt werden. Ausgenommen dabei sind Kinder unter 14 Jahren.

Zu Hause bleiben ab 21 Uhr

Außerdem sollen zwischen 21 Uhr und fünf Uhr des Folgetages Ausgangsbeschränkungen gelten. Raus darf man dann nur noch, um zum Beispiel zur Arbeit zu gehen oder den Hund auszuführen.

Untersagt werden soll bei einem Sieben-Tage-Inzidenzwert von 100 auch die Öffnung von Freizeiteinrichtungen, Museen, Kinos, Theatern und ähnlichen Einrichtungen. Gleiches soll für Gaststätten gelten. Die Auslieferung von Speisen und Getränken sowie deren Abverkauf zum Mitnehmen sollen dagegen weiterhin möglich sein.

An den Schulen: Jede Woche testen

Weitere Einschränkungen sind für den Schulbetrieb vorgesehen. So sollen Schulen, Berufsschulen, Hochschulen, außerschulische Einrichtungen der Erwachsenenbildung und ähnliche Einrichtungen ab einem Inzidenzwert von 200 den Präsenzunterricht einstellen müssen. Ausnahmen sollen allerdings für Abschlussklassen und Förderschulen möglich sein.

Außerdem sieht der Entwurf eine Teststrategie für Schüler und Lehrer vor. Zweimal wöchentlich sollen diese auf das Coronavirus getestet werden, um am Präsenzunterricht teilnehmen zu dürfen.

Das Gesetz wird nun vom Gesundheitsausschuss federführend beraten und soll kommende Sitzungswoche verabschiedet werden – Änderungen sind noch möglich. Wir halten euch hier auf dem Laufenden. Die teils sehr lebhaften Redebeiträge der Abgeordneten findet ihr auf bundestag.de. Die gesamte Debatte könnt ihr euch hier im Video anschauen:

(DBT/loh)

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