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Interview Raoul Taschinski: „Eine große Werkstatt der Demokratie“

Jasmin Nimmrich

Zur Youth Space Berlin Conference ist ein junges Europa zu Gast im Deutschen Bundestag. Aus mehr als 20 europäischen Ländern werden die Teilnehmerinnen und Teilnehmer anreisen. Was der Youth Space genau ist und worüber dort diskutiert wird, erklärt der stellvertretende Vorsitzende des Deutschen Bundesjugendringes, Raoul Taschinski, im Interview.

Eine Gruppe Menschen posiert auf einer Treppe für ein Gruppenfoto.

2023 stand die Youth Space Berlin Konferenz unter dem Motto „Die Zukunft des Europarates nach dem 4. Europaratsgipfel“. © DBT / Thomas Köhler / photothek

Vom 13. bis 15. November treffen sich im Deutschen Bundestag junge Menschen aus mehr als 20 europäischen Staaten für die Youth Space Berlin Conference. Was genau ist der Youth Space Berlin?

Der Youth Space ist eine internationale Jugendkonferenz, die 2024 zum dritten Mal im Deutschen Bundestag stattfindet. Die Idee hinter der Konferenz ist es, junge Menschen aus den nationalen Jugendringen und der Delegation der Parlamentarischen Versammlung des Europarates zusammenzubringen. Und das Ziel ist dabei weiterhin zu zeigen, dass junge Menschen ein wichtiges Thema für den Europarat sind und bleiben müssen. Man kann sagen, dass die Youth Space Conference eine Vorbildfunktion erfüllt, von der wir uns auch erhoffen, dass sich andere Mitgliedstaaten des Europarates ein Beispiel nehmen, um mehr Orte dieser Qualität zu schaffen.

Was genau ist ein Jugendring?

Jugendringe existieren in den meisten Mitgliedsländern des Europarates und sind jeweils die Arbeitsgemeinschaften der Jugendverbände. In Deutschland sind beispielsweise die Evangelische Jugend (AEJ), die Jungen Europäischen Föderalisten (JEF) oder die Deutsche Wanderjugend im Deutschen Bundesjugendring vereint. Als dieser Zusammenschluss vertreten sie die Interessen von jungen Menschen.  

Und wie kam es zur ersten Youth Space Conference?

Entstanden ist die Youth Space Conference vor drei Jahren wegen der politischen Lage. Denn leider sehen wir, auch weiterhin, dass die Rechte von jungen Menschen, aber auch der Zivilgesellschaft allgemein, immer weiter eingeschränkt werden. So kann beispielsweise der belarussische Jugendring (RADA) nur noch im Exil arbeiten, da er in Belarus als extremistische Vereinigung eingestuft wird. Und auch in anderen Ländern wird es den Jugendringen, vor allem finanziell, immer schwerer gemacht, weiter ihrer Arbeit nachzugehen. Aber es braucht jetzt umso mehr die Arbeit starker Jugendringe, um die Interessen junger Menschen einzubringen. Hierfür ist der Europarat ein wertvoller Partner, und die deutsche Delegation in der Parlamentarischen Versammlung bietet uns die Gelegenheit, diesen Themen durch die Youth Space Conference eine Plattform zu geben.

Ein junger Mann blickt in die Kamera.

Raoul Taschinski freut sich auf die Diskussionen bei der Youth Space Konferenz und hofft, dass auch andere Mitgliedstaaten des Europarates in Zukunft solche Plattformen für Jugendverbände anbieten. © DBJR / Matthias Starz

Welche Reaktionen hat es in den vergangenen zwei Jahren auf die Konferenz gegeben?

Wir als Deutscher Bundesjugendring schätzen die Zusammenarbeit mit der gesamten Delegation der Parlamentarischen Versammlung des Europarates (PVER), und explizit mit dem Leiter der deutschen PVER-Delegation Frank Schwabe (SPD) sehr. Die Youth Space Conference bietet die Möglichkeit, unsere Perspektiven als junge Menschen einzubringen. So konnten wir zum Beispiel vergangenes Jahr unsere Impulse für das Gipfeltreffen des Europarats in Reykjavík mitgeben. 

Nichtsdestotrotz muss aber gesagt sein, dass die Einschätzung der anderen 22 nationalen Jugendringe potenziell anders ausfallen könnten. Denn leider ist es keine Selbstverständlichkeit, dass wir eine Konferenz wie den Youth Space in ihren Ländern durchzuführen. Für viele Delegierte ist es daher etwas ganz Besonderes, mit den Parlamentarierinnen und Parlamentariern direkt in den Austausch treten zu können.

Und was sind deine Erwartungen an die diesjährige Youth Space Conference?

Für dieses Jahr haben wir uns in den Workshops der Konferenz drei Themenschwerpunkte gesetzt: Demokratische Rückschritte, Inklusive Governance und stärkere Sichtbarkeit junger Menschen in Institutionen. Dies werden auch die Schwerpunkte sein, auf die wir uns außerhalb der Workshops konzentrieren wollen. Denn das, was wir durch die gesamtpolitische Lage erkennen müssen, ist, dass die Rahmenbedingungen für junge Menschen und Jugendringe in Europa schlechter werden. Gleichzeitig braucht es aber auch eine starke Zivilgesellschaft, um demokratiefeindlichen Strukturen entgegenzuwirken. Daher erwarte ich, dass wir in allen drei Schwerpunkten zum Abschluss der Konferenz auf einen gemeinsamen Nenner kommen werden.

Worauf freust du dich besonders?

Ich freue mich ungemein auf die Veranstaltung als solches, gerade weil ihre Existenz keine Selbstverständlichkeit ist. Für mich – Jugendpolitiker mit ganzem Herzen – ist der Youth Space in dieser Woche eine große Werkstatt der Demokratie. Und da freue ich mich auf jede Diskussion auf der Bühne sowie am Rand der Veranstaltung, weil junge Menschen im Mittelpunkt stehen und mal nicht daneben.

Das Wichtigste in Kürze

Was ist die Youth Space Berlin Conference?

Jugendvertreter aus ganz Europa kommen für drei Tage im Deutschen Bundestag zusammen, um über die Arbeit des Europarates zu diskutieren. Ausgerichtet wird die Konferenz durch die deutsche Delegation in der Parlamentarischen Versammlung des Europarates (PVER) und den Deutschen Bundesjugendring (DBJR). 

Was wird dort genau besprochen?

2024 findet die Youth Space Berlin Conference unter dem Motto „Celebrating 75 Years of the Council of Europe – Challenges and Opportunities in Shaping Europe's Future“ („75 Jahre Europarat feiern – Herausforderungen und Chancen für die Gestaltung der Zukunft Europas“) statt. Im Rahmen verschiedener Workshops werden die Teilnehmerinnen und Teilnehmer die Themenkomplexe „Demokratische Rückschritte“, „Inklusive Governance“ sowie „Stärkere Sichtbarkeit junger Menschen in Institutionen“ diskutieren. Außerdem tauschen sich die Jugendvertreter nicht nur untereinander zu den Themen aus, sondern können diese auch mit Vertretern des Europarates und Mitgliedern der deutschen PVER-Delegation besprechen.

Was ist der Unterschied zwischen Europarat und PVER?

Der Europarat wurde 1949 gegründet und ist damit die älteste zwischenstaatliche Organisation Europas. Mittlerweile gehören der Organisation mit Sitz in Straßburg 46 Mitgliedstaaten an. Ziele des Europarates sind der Schutz der Menschenrechte, der pluralistischen Demokratie und der Rechtsstaatlichkeit. 

Die Parlamentarische Versammlung ist eines der Organe des Europarates. Sie war das erste parlamentarische Gremium auf europäischer Ebene nach dem Zweiten Weltkrieg und stellt heute das größte politische Forum Europas dar. Die Mitglieder der Parlamentarischen Versammlung kommen viermal im Jahr in Straßburg zu einer mehrtägigen öffentlichen Plenarsitzung zusammen. Der Deutsche Bundestag wird durch eine 18-köpfige Delegation und entsprechend viele Stellvertreter repräsentiert.

Was ist der Deutsche Bundesjugendring?

Der Deutsche Bundesjugendring (DBJR) ist eine Arbeitsgemeinschaft und funktioniert als Netzwerk für Jugendverbände und Landesjugendringe in ganz Deutschland. Der DBJR vertritt die politischen Interessen von Jugendverbänden gegenüber Parlament und Institutionen. Außerdem repräsentiert er die Positionen der Jugendlichen in der Öffentlichkeit.


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