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Regierungserklärung „Dieser große Umbruch wird gut ausgehen“

Im Vorfeld des EU-Gipfels, der nächste Woche in Brüssel stattfindet, sprach Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) gestern im Bundestag. Vieles sei seit Beginn des Krieges in der Ukraine im Wandel, sagte er, und er blicke zuversichtlich in die Zukunft Europas.

Bundeskanzler Olaf Scholz am Rednerpult im Plenarsaal

Die Europäische Union sei ein „einzigartiges Projekt der Hoffnung in der Welt“, sagte der Kanzler im Bundestag. © picture alliance/dpa/Kay Nietfeld

Am 23. und 24. März kommen die Staats- und Regierungschefs der EU in Brüssel zusammen, um unter anderem über die Situation in der Ukraine, über Energie-Fragen und über die Wettbewerbsfähigkeit Europas zu sprechen. In einer Regierungserklärung erklärte der Bundeskanzler, was ihm für den Gipfel wichtig ist.

Bundeskanzler: „Europa nimmt die Herausforderung an“

Die Europäische Union sei ein „einzigartiges Projekt der Hoffnung in der Welt“, so der Kanzler im Bundestag. Dieses Projekt zu verteidigen und weiter auszubauen, sei das Gebot der Stunde. „Es geht um Frieden, Freiheit, Demokratie, Sicherheit und Wohlstand.“

Gemeinsam müssten die EU-Staaten nun „aufbrechen und anpacken, damit eine neue Zeit möglich wird“. Der Kanzler zeigte sich zuversichtlich: „Ja, wir werden den großen Umbruch hinbekommen, der vor uns liegt. Und dieser große Umbruch wird gut ausgehen.“

Die Wettbewerbsfähigkeit der EU sei ein wichtiges Thema beim EU-Gipfel, denn sie sei die „Voraussetzung für Europas Zukunft“. Ihm sei natürlich wichtig, dass Deutschland erfolgreich ist, aber das gehe nur, wenn „Europa insgesamt stark ist“.

Deutschland und die EU hätten seit Beginn des Krieges vieles geschafft, meinte Scholz. Man habe Energie gespart, die Abhängigkeit von Russland im Energie-Bereich überwunden und auf vielfache Weise die Ukraine unterstützt. „Wir leben in einer besonders herausfordernden Zeit“, sagte der Kanzler. „Diese Herausforderung nimmt die Bundesregierung, nimmt unser Land, nimmt Europa an.“ Was in den vergangenen zwölf Monaten erreicht worden sei, gebe ihm Zuversicht, „dass wir unsere hochgesteckten Ziele tatsächlich erreichen können.“

Union: „Zuversicht kann man nicht künstlich herbeireden“

Friedrich Merz, Vorsitzender der CDU/CSU-Fraktion, warf der Bundesregierung vor, nur zu reden, statt zu handeln. „Zuversicht kann man nicht künstlich herbeireden“, mahnte er. Sie entstehe nur durch Taten.

Zwar hätten sowohl die Bundesregierung als auch die EU „in den letzten 13 Monaten auch einiges richtig gemacht“. Die Hilfen für die Ukraine seien gut gewesen. Allerdings hätten andere Länder „deutlich mehr“ Unterstützung geleistet als Deutschland.

Merz kritisierte außerdem, dass die Bundesregierung es nicht geschafft habe, die Bundeswehr besser auszurüsten. Er zitierte den gerade erschienenen Wehrbericht der Wehrbeauftragten Eva Högl, der die Überschrift „Der Bundeswehr fehlt es an allem“ trage. Laut Högl sei von den 100 Milliarden Euro Sondervermögen für die Bundeswehr, die der Bundestag im vergangenen Jahr beschlossen habe, „noch kein Euro und kein Cent“ bei der Bundeswehr angekommen. Das sei „ein Skandal“, so Merz.

Grüne: „Wir haben eine Krise gelöst, für die es keinen Masterplan gab“

Grünen-Fraktionsvorsitzende Katharina Dröge wiederholte, was Scholz betont hatte: Was Deutschland im letzten Jahr geleistet habe, sei Grund für Mut, Zuversicht und Hoffnung. „Wir haben eine Krise gelöst, für die es keinen Masterplan gab“, so Dröge. Die Bundesregierung habe die Ukraine unterstützt, die Energie-Krise gemeistert, die Abhängigkeit von Russland überwunden und „endlich Ernst gemacht“ mit dem Ausbau von erneuerbaren Energien. „Ich lasse mich gerne an unseren Taten messen“, sagte Dröge in Richtung Merz.

Dem Oppositionsführer warf sie vor, „alles schlechtzureden“ und Ängste zu schüren. „Das ist keine verantwortungsvolle Politik“, kritisierte sie und fragte: „Wo sind Ihre Alternativen?“

AfD: „Politik gegen unser Land und gegen unsere Sicherheit“

AfD-Fraktionschef Tino Chrupalla behauptete, Scholz wolle nur von der „Unfähigkeit dieser Bundesregierung“ ablenken. Er habe in seiner Rede keine Antworten geliefert, etwa auf die Frage, wie die Bundesregierung die Energie-Infrastruktur schützen wolle. Stattdessen kämen seitens der Koalition nur unrealistische „Klimaschutzphantasien“.

Wenn beim EU- Gipfel die Themen Energiepolitik und Wettbewerbsfähigkeit besprochen würden, seien das genau „die Schwächen Ihrer Regierung“, sagte Chrupalla dem Kanzler. Die EU sei wirtschaftlich längst kein attraktiver Partner mehr, und so werde es Deutschland auch bald gehen.

Zum Krieg in der Ukraine sagte Chrupalla: „Niemand wird diesen Krieg gewinnen.“ Deutschland habe „den neutralen Kurs verlassen“, die Bundesregierung mische sich in Dinge ein, die sie nichts angingen. Der AfD-Chef forderte „Frieden und Verteidigungsfähigkeit“. Die Bundesregierung aber betreibe in seinen Augen „aktive Politik gegen unser Land und gegen unsere Sicherheit“.

FDP: „Es ist Quatsch, dass wir die Bundeswehr nicht unterstützen wollen“

Christian Dürr, Vorsitzender der FDP-Fraktion, betonte: „Die EU ist kein Sammelsurium von Nationalstaaten.“ Als solches hätte sie „keine Chance“ gegen Russland gehabt. Deshalb sei es wichtig, dass Europa weiterhin gemeinsam handele, auch in Bereichen wie der Migrationspolitik. Denn sowohl die EU als auch Deutschland bräuchten „endlich“ Einwanderung in den Arbeitsmarkt.

Zu Merz‘ Vorwürfen hinsichtlich des Sondervermögens für die Bundeswehr erklärte Dürr: „Es ist Quatsch, dass wir die Bundeswehr nicht unterstützen wollen.“ Er würde sich mitunter auch wünschen, dass es schneller ginge, aber die aktuelle Bundesregierung arbeite im Gegensatz zu der vorherigen daran, die Bundeswehr wieder wehrfähig zu machen.

Linke: „Aufrüstung ist der falsche Weg“

Die Vorsitzende der Linksfraktion Amira Mohamed Ali kritisierte, andere Länder hätten Vorschläge für Friedensverhandlungen zwischen der Ukraine und Russland gemacht. Die Bundesregierung dagegen setze „weiterhin auf einen militärischen Sieg der Ukraine“. Das sei „unrealistisch und hochgefährlich“. „Aufrüstung ist der falsche Weg“, mahnte Mohamed Ali.

Zum Thema Wettbewerbsfähigkeit sagte die Linkenabgeordnete, es stehe „düster um den Industriestandort Deutschland“. Die USA würden vermehrt Unternehmen aus Deutschland abwerben, weil sie die Energie-Kosten besser im Griff hätten. „Millionen Menschen in Deutschland droht der Arbeitsplatzverlust“, so Mohamed Ali. Es brauche eine „sozial ausgerichtete Industriepolitik“. Außerdem müsse Schluss sein mit den Sanktionen gegen Russland, die letztlich nur Deutschland schadeten.

Hier seht ihr die Regierungserklärung und die anschließende Aussprache im Video:

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