Verteidigung Streit um das „Sondervermögen Bundeswehr“
100 Milliarden Euro will die Ampel-Koalition zusätzlich für die Bundeswehr ausgeben. Für das geplante Sondervermögen müsste das Grundgesetz geändert werden. Während Teile der Opposition das in der Debatte ablehnten, ließen andere noch offen, ob sie zustimmen.
Zu wenige Schutzwesten, alte Hubschrauber, sanierungsbedürftige Kasernen… Bei der Bundeswehr fehlt so einiges. Durch den Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine sind diese Mängel in den Fokus der Politik gerückt. Deshalb will die Bundesregierung nun mehr Geld in die deutsche Armee stecken. Neben dem regulären Verteidigungshaushalt, über den Jahr für Jahr Euros zur Bundeswehr fließen, sollen zusätzlich 100 Milliarden Euro dort investiert werden.
Der Gesetzentwurf der Bundesregierung für dieses „Sondervermögen Bundeswehr“ wurde am 27. April in erster Lesung im Bundestag debattiert.
Warum muss dafür das Grundgesetz geändert werden?
Für das geplante Sondervermögen soll die Schuldenbremse nicht gelten, die eigentlich eine Höchstgrenze für Staatsschulden festlegt. Da die Schuldenbremse im Grundgesetz verankert ist, wäre für diese Ausnahme eine Änderung des Grundgesetzes notwendig. Für diese wiederum braucht die Koalition eine Zwei-Drittel-Mehrheit im Bundestag und auch im Bundesrat.
Da die drei Koalitionsfraktionen SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP allein keine zwei Drittel des Bundestages ausmachen, brauchen sie Stimmen der Opposition. In der Opposition sind derzeit CDU/CSU, AfD und Die Linke.
Bei der ersten Lesung des Gesetzentwurfs nebst Entwurfs für die Grundgesetzänderung warben Bundestagsabgeordnete der Koalitionsfraktionen vor allem in Richtung CDU/CSU.
Finanzminister Lindner: „Kämpfen können, um nicht kämpfen zu müssen“
Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) betonte, dass der Krieg in der Ukraine die Sicherheitslage in Europa dramatisch verändert habe. Obwohl man natürlich keine Ausweitung des Krieges wolle, müsse man darauf vorbereitet sein: „Man muss kämpfen können, um nicht kämpfen zu müssen.“ Deshalb müsse „die Bundeswehr ertüchtigt werden“. Lindner sagte, er wisse, dass das viele Unionsabgeordnete ebenso sähen. Er bat sie um ihre Stimme bei der Änderung des Grundgesetzes.
CDU/CSU zeigt sich gesprächsbereit, sagt aber noch nichts zu
Alexander Dobrindt erklärte für die Unionsfraktion, er unterstütze prinzipiell das geplante Sondervermögen. Allerdings kritisierte er den Gesetzentwurf im Detail. So habe Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) in seiner Regierungsbefragung im Bundestag angekündigt, die 100 Milliarden Euro ausschließlich für „Rüstungsvorhaben“ ausgeben zu wollen – der Entwurf lasse aber auch andere Verwendungen zu.
Die Union sei gesprächsbereit, so die Grundaussage, lasse sich aber nicht unter Druck setzen. Ob es zu einer Einigung kommen werde, sei noch offen.
Verteidigungsministerin Lambrecht: Vielfältige Herausforderungen
Bundesverteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD) antwortete auf die Kritik der Union und erklärte, warum die Formulierung im Gesetzentwurf so offen sei: Die 100 Milliarden Euro würden nicht nur für große Rüstungsprojekte gebraucht, sondern zum Beispiel auch für die persönliche Schutzausrüstung der Soldaten, Munition und so weiter. Die Herausforderungen seien vielfältig, seit Russland „Die Friedensordnung in Europa zertrümmert“ habe.
Außenministerin Baerbock: „Viele Länder schauen auf uns“
Außenministerin Annalena Baerbock (Bündnis 90/Die Grünen) sagte: „Viele Länder schauen auf uns.“ Deutschlands Bündnispartner hätten in den letzten Jahrzehnten dazu beigetragen, den Frieden in Europa zu sichern, nun sei Deutschland an der Reihe, seine Verantwortung wahrzunehmen und die „Sicherheit zukünftiger Generationen“ mit zu gewährleisten.
AfD gegen das Sondervermögen
Peter Boehringer (AfD) erklärte, seine Fraktion unterstütze das Ziel der Koalition, die Bundeswehr zu ertüchtigen, nicht aber den Weg des Sondervermögens. Dieser solle nur die Schuldenbremse umgehen. Der richtige Weg wäre es nach Ansicht der AfD, die 100 Milliarden Euro im regulären Haushalt einzuplanen.
Linke: Falsche Konsequenz
Für Die Linke erklärte Amira Mohamed Ali dagegen, ihre Fraktion sei gänzlich gegen eine Aufstockung der Mittel für die Bundeswehr: „Die Konsequenz, die die Bundesregierung aus diesem schrecklichen Krieg zieht, ist absolut falsch.“ Wettrüsten bringe nie Frieden und Sicherheit.
Hier seht ihr die Debatte im Video:
(jk)