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Regierungsbefragung Fragen an Pistorius und Lauterbach

Der Verteidigungsminister sprach gestern im Bundestag viel über seine Pläne zur Stärkung der Bundeswehr. Der Gesundheitsminister beantwortete vor allem Fragen zur Pflegereform.

Verteidigungsminister auf der Regierungsbank

„Wir brauchen mehr Frauen in der Bundeswehr, wir brauchen mehr Menschen mit Migrationshintergrund, wir brauchen eine offene Truppe“, sagte der Verteidigungsminister im Bundestag. © picture alliance/photothek/Xander Heinl

Pistorius: „Unsere Soldatinnen und Soldaten machen großartige Arbeit“

Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) begann seine Eingangsrede mit dem Krieg in der Ukraine. „Putin darf mit seiner menschenverachtenden Aggression nicht durchkommen“, betonte er. Deutschland werde die Ukraine mit Waffen unterstützen, so lange es nötig sei.

Es sei aber auch wichtig, dass Deutschland sich im Ernstfall selbst verteidigen könne, führte der Minister weiter aus. Dafür müsse die Bundeswehr weiter gestärkt werden. Das Sondervermögen von 100 Milliarden Euro, das der Bundestag im vergangenen Jahr genehmigt habe, werde dafür nicht ausreichen. „Mindestens zwei Prozent“ des Bundeshaushalts müssten dauerhaft in den Bereich Verteidigung fließen, damit in die Ausstattung und die Personalsituation der Bundeswehr investiert werden könne.

Die Bundeswehr müsse zudem „wieder stärker im gesellschaftlichen Bewusstsein verankert“ werden. „Unsere Soldatinnen und Soldaten machen großartige Arbeit“, sagte Pistorius. „Dafür brauchen sie unseren Rückhalt.“

Lauterbach: „Vieles ist liegengeblieben“

Auch Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) begann mit der Ukraine und verurteilte Russland für seinen Angriff: „Es werden hier jeden Tag Kinder, alte Menschen, behinderte Menschen verletzt. Das ist nicht hinzunehmen.“ Deutschland unterstütze die Ukraine etwa mit Prothesen und Telemedizin, versorge Schwerstverletzte in deutschen Krankenhäusern und bilde ukrainische Chirurgen aus. Zudem werde man helfen, Krankenhausstrukturen in der Ukraine wiederaufzubauen.

In Deutschland sei indes im medizinischen Bereich „vieles liegengeblieben“, konstatierte Lauterbach. Seit Jahren fehlten Pflegekräfte. Die Anerkennungsverfahren für ausländische Pflegekräfte, die hier arbeiten wollten, seien „nicht angemessen“. Man brauche zudem mehr studierte Pflegekräfte. Die Pflege müsse digitalisiert werden. All das gehe die Bundesregierung an. So werde in dieser Woche das Pflegestärkungsgesetz verabschiedet.

Auch dass es seit Langem Lieferengpässe bei Arzneimitteln auch für Kinder gebe, sei ein „nicht hinnehmbarer Zustand“, dem man mit einem entsprechenden Gesetz begegnen werde, das diese Woche in erster Lesung beraten werde.

Schließlich gebe es „große Defizite“ in der Krankenhausversorgung. Pflegekräfte, aber auch Ärztinnen und Ärzte verließen die Kliniken, denn: „Dort wird fließbandähnlich gearbeitet.“ Man müsse die Strukturen „entökonomisieren“ und entbürokratisieren, damit wieder die medizinische Arbeit im Mittelpunkt stehe. Zudem sei eine umfassende Digitalisierung im Gesundheitsweisen dringend geboten: „Wir sind international abgeschlagen“, mahnte der Minister.

Union fragt nach Bundeswehreinsatz in Mali

Florian Hahn (CDU/CSU) fragte nach dem sogenannten MINUSMA-Einsatz der Vereinten Nationen in Mali. Seit 2013 ist die Bundeswehr dort stationiert, um dabei zu helfen, den Frieden in Mali zu sichern. Das Mandat läuft Ende des Monats aus. Die Bundesregierung möchte es ein letztes Mal um ein Jahr verlängern. Am Freitag wird der Bundestag darüber abstimmen. Hahn wollte vom Verteidigungsminister wissen, warum die Bundesregierung diesen „gefährlichsten Einsatz der Vereinten Nationen“ nicht schon früher beendet habe.

Pistorius antwortete, jeder Abzug der Bundeswehr aus einem Konfliktgebiet brauche einen „geordneten Rahmen“. Es müsse sehr viel sensibles Material ausgeführt werden, das brauche Zeit und Organisation. Die Vorbereitungen für den Abzug liefen schon.

Grüne sprechen Personalmangel bei der Bundeswehr an

Sara Nanni (Bündnis 90/Die Grünen) fragte den Verteidigungsminister, wie er besonders junge Menschen dafür begeistern wolle, zur Bundeswehr zu gehen. Das Thema Personal habe enorm an Bedeutung gewonnen, antwortete Pistorius. Die Bundeswehr müsse deshalb in der Öffentlichkeit Präsenz zeigen und auch ihre Werbemaßnahmen verbessern.

Nanni fragte außerdem nach der Diversität der Truppe. „Ich bin sehr unzufrieden mit der niedrigen Quote von nicht mal zehn Prozent Frauen“, räumte der Minister ein. „Wir brauchen mehr Frauen, wir brauchen mehr Menschen mit Migrationshintergrund, wir brauchen eine offene Truppe.“

AfD thematisiert Übersterblichkeit

Martin Sichert (AfD) führte aus, dass seit der Corona-Pandemie in Deutschland mehr Menschen gestorben seien als üblich. Übersterblichkeit nennt man dieses Phänomen. Sichert wollte vom Gesundheitsminister wissen, was er unternehme, um dem auf den Grund zu gehen.

Lauterbach antwortete, es liefen wissenschaftliche Untersuchungen dazu. Allerdings sei mit einer gewissen Übersterblichkeit in einer Pandemie zu rechnen, weil andere Krankheiten nicht so intensiv behandelt, Vorsorgeuntersuchungen nicht so zuverlässig durchgeführt werden könnten wie sonst. Auf einen Zusammenhang zu den Corona-Impfungen, den die AfD mitunter unterstelle, gebe es dagegen keinerlei Hinweise, betonte der Minister.

SPD fragt nach Effizienz der Bundeswehr

Kristian Klinck (SPD) konstatierte, der Krieg in der Ukraine habe gezeigt, dass die Einsatzbereitschaft der Bundeswehr „deutlich steigen“ müsse. Vom Verteidigungsminister wollte er wissen, wie er dafür sorgen wolle, dass Prozesse in der Armee beschleunigt werden könnten.

„Früher hatten wir viel Zeit und wenig Geld – und jetzt ist es umgekehrt“, antwortete Pistorius. Deshalb liege jetzt „höchste Priorität“ auf dem „Faktor Zeit“. Sein Ministerium plane derzeit eine Reihe von Maßnahmen, um die Bundeswehr schneller einsatzbereit zu machen.

Linke stellt kritische Frage zur Pflegereform

Ates Gürpinar kritisierte, bei der Pflegereform sei „viel schief und knapp gelaufen“. So seien die Pflegesachleistungen im Endeffekt geringer als ursprünglich geplant.

Lauterbach erklärte, dass stattdessen pflegende Angehörige entlastet würden. Das sei ein Wunsch der pflegenden Angehörigen gewesen, der auch in der Anhörung im Ausschuss geäußert worden sei und dem man entsprochen habe.

FDP schlägt Digitalisierung des Bewerbungsverfahrens bei der Bundeswehr vor

Alexander Müller (FDP) sagte, seine Fraktion schlage vor, das Personalwesen der Bundeswehr zu digitalisieren, um es zu beschleunigen. Derzeit müssten Bewerber teils sehr lange auf eine Rückmeldung warten.

Pistorius erwiderte, die Potenziale einer Digitalisierung sehe er auch. Diese Überlegungen würden in die Konzepte zur Personalgewinnung und -haltung einfließen.

Hier seht ihr die Regierungsbefragung im Video:

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