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Corona-Pandemie Kontroverse Vorschläge zur Impfpflicht

Ob eine verpflichtende Impfung gegen Corona eingeführt werden soll, darüber herrscht immer noch große Uneinigkeit im Bundestag. Fünf Vorschläge liegen nun vor. Ob sich einer davon durchsetzen wird, ist offen. Was denkst du?

Mädchen schaut auf das Pflaster auf ihrem Oberarm nach der Impfung

Frisch geimpft – nicht jeder entscheidet sich für diesen Schritt. © shutterstock.com/Prostock-studio

Geimpft oder nicht geimpft – diese Frage kann inzwischen heftigen Streit in Freundeskreisen und Familien auslösen. Rund 20 Millionen Menschen haben sich hierzulande seit Beginn der Pandemie mit dem Corona-Virus infiziert, knapp 130.000 sind im Zusammenhang mit Corona gestorben (aktuelle Zahlen finden sich hier). Sich impfen zu lassen, ist eine Möglichkeit, sich und andere gegen das Virus zu schützen. Aber nicht alle wollen sich impfen lassen. Die Gründe dafür sind vielfältig.

Bis jetzt haben sich fast 76 Prozent der erwachsenen Bevölkerung vollständig impfen lassen. 58 Prozent sind geboostert, haben also eine dritte Impfung zur Auffrischung bekommen. Das reicht aber nicht, um eine sogenannte Herdenimmunität zu erreichen, sagen viele Wissenschaftler. Herdenimmunität würde bedeuten, dass genug Menschen durch eine Impfung oder eine frühere Erkrankung immun gegen das Virus geworden sind, so dass jede Infektionskette schnell wieder abbricht. Die Pandemie wäre gestoppt.

Weil das so ist, kam der Vorschlag auf, die Bürgerinnen und Bürger per Gesetz zu verpflichten, sich gegen Corona impfen zu lassen. Auch darüber wird inzwischen heftig gestritten.

Viele Meinungen im Bundestag

Nicht nur in der Bevölkerung, auch im Parlament gibt es sehr unterschiedliche Meinungen zur Frage der Impfpflicht per Gesetz. Das Thema wurde zur Gewissensfrage erklärt, das bedeutet, dass die Abgeordneten ohne Fraktionsdisziplin darüber abstimmen können, frei nach ihrem eigenen Gewissen.

In einem ersten Schritt fand am 26. Januar eine Orientierungsdebatte im Plenum statt. Fast vier Stunden lang legten Abgeordnete aller Fraktionen ihre persönlichen Haltungen dar. Die Meinungen deckten die ganze Bandbreite ab, von einem klaren „Ja“ zur Impfpflicht über „Ich weiß es noch nicht“ bis hin zum „Nein“.

In den vergangenen Wochen haben einige Abgeordnete Vorlagen erarbeitet, wobei sich dabei teilweise Politiker unterschiedlicher Fraktionen zusammengetan haben. Die Bundesregierung selbst macht keinen konkreten Vorschlag, was teils zu heftigiger Kritik aus der Opposition führte.

Fünf Vorschläge kamen so zur Stande und wurden am 17. März in erster Lesung debattiert.

Vorschlag 1: Impfpflicht ab 18

Der Gesetzentwurf sieht die Einführung einer allgemeinen Corona-Impfpflicht ab 18 Jahren vor. Es gebe gut verträgliche, sichere und wirksame Impfstoffe, die nicht nur die geimpfte Person schützten, sondern auch die Verbreitung des Virus eindämmten, so die Argumentation.

Der Entwurf sieht vor, dass in einem ersten Schritt alle Erwachsenen persönlich kontaktiert und über Impfmöglichkeiten informiert werden sollen. Ab 1. Oktober 2022 müsste dann auf Anforderung ein Impfnachweis vorgelegt werden. Diese Regelung soll vierteljährlich neu bewertet und bis Ende 2023 befristet werden.

Der Vorschlag kommt von einer Gruppe um den Grünen-Politiker Janosch Dahmen und den stellvertretenden SPD-Fraktionschef Dirk Wiese.

Vorschlag 2: Impfpflicht ab 50

Ein zweiter Gesetzentwurf sieht eine verpflichtende Impfberatung für alle Erwachsenen und eine Impfplicht ab 50 Jahren vor. Die Begründung dafür lautet, dass vor allem schwere Corona-Fälle von über 50-Jährigen zu einer Überlastung der Krankenhäuser führten.

Bis 15. September 2022 müssten diesem Entwurf gemäß alle Erwachsenen entweder einen Impf- oder Genesenennachweis oder den Nachweis über eine Beratung erbringen können. Die Impfpflicht ab 50 soll nur eintreten, wenn die epidemiologische Lage das tatsächlich erfordere.

Auch hier soll vierteljährlich evaluiert werden, auch hier soll die Regelung Ende 2023 auslaufen.

Der Vorschlag stammt von einer Abgeordnetengruppe um den FDP-Gesundheitspolitiker Andrew Ullmann.

Vorschlag 3: Impfaufklärung statt Impfpflicht

Ein Antrag zielt darauf ab, die Impfbereitschaft der Menschen zu erhöhen, ohne sie zur Impfung zu verpflichten. Warum? Zum einen würde eine Impfpflicht stark in die Grundrechte der Menschen eingreifen. Zum anderen seien wichtige Fragen zur Schutzwirkung der Impfung noch nicht geklärt. Solange der Bundestag nicht einmal sagen könne, wie oft sich die Menschen impfen lassen müssten, könne er keine allgemeine Impfpflicht beschließen, heißt es in dem Antrag.

Diesen Antrag hat eine Abgeordnetengruppe um den FDP-Politiker Wolfgang Kubicki eingebracht.

Vorschlag 4: Impfregister und „Impfmechanismus“

Die CDU/CSU-Fraktion schlägt in ihrem Antrag ein Impfvorsorgegesetz vor. Das sieht zum einen ein Impfregister und eine verstärkte Impfkampagne vor. Das Register soll eine zuverlässige Datengrundlage schaffen und es ermöglichen, Ungeimpfte gezielt anzusprechen und zu beraten.

Zum anderen sieht der Antrag einen „gestaffelten Impfmechanismus“ vor. Der Bundestag soll diesen Impfmechanismus in Abhängigkeit verschiedener Kriterien auslösen können, wenn es nötig ist. Kriterien wären zum Beispiel: Wie gefährlich ist eine Virus-Variante? Wie übertragbar? Wie wirksam ist der verfügbare Impfstoff? Wie viele Menschen sind schon geimpft? Wird der Impfmechanismus ausgelöst, dann könnten bestimmte Personengruppen, etwa Menschen über 60 beziehungsweise 50 oder gewisse Berufsgruppen wie Lehrkräfte oder Polizisten, zu einer Impfung verpflichtet werden.

Vorschlag 5: Keine Impfpflicht

Die AfD-Fraktion positioniert sich in ihrem Antrag gegen eine gesetzliche Impfpflicht. Eine solche wäre unverhältnismäßig und widerspräche dem Grundgesetz, heißt es in dem Antrag. Die AfD fordert die Bundesregierung außerdem dazu auf, einen Gesetzentwurf vorzulegen, der die ab 15. März 2022 geltende Impfpflicht für Gesundheits- und Pflegepersonal wieder aufhebt.

Die Debatte über die fünf Vorlagen könnt ihr euch hier anschauen:

Wie geht es jetzt weiter?

Ob eine der Vorlagen letztlich die notwendige Mehrheit erreicht, ist derzeit noch offen.

Zunächst gab es am 21. März eine Anhörung im Gesundheitsausschuss zum Thema. Unterschiedliche Organisationen äußerten ihre Meinungen, die ähnlich breit gefächert waren wie die Vorlagen aus dem Bundestag.

Hier seht ihr die Anhörung im Video, schriftliche Stellungnahmen verschiedener Insitutionen findet ihr auf bundestag.de.

(Julia Karnahl)

Nach der Orientierungsdebatte hat mitmischen.de alle Obleute aus dem Gesundheitsausschuss nach ihrer Einschätzung gefragt. Die Interviews lest ihr hier:

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