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Inside Bundestag Welche Geschichte erzählen diese Graffitis?

Was ist das? Und wie kommt das dahin? Wir zeigen euch Detail-Aufnahmen aus dem Bundestag. Heute: Kritzeleien an den Mauern des Reichstagsgebäudes.

Eine Wand im Reichtagsgebäude zeigt Graffitis von sowjetischen Soldaten, die sie bei der Übernahme des Reichstagsgebäudes am 30. April 1945 hinterließen.

„Ich war hier“: Sowjetische Soldaten hinterließen bei der Übernahme des Reichstagsgebäudes 1945 ihre Namen auf den Mauern. © DBT/Stephan Erfurt

Jahrzehntelang waren sie hinter Gipsfaserplatten verborgen – bis das Reichstagsgebäude 1995 umgebaut wurde und sie wieder zum Vorschein kamen: kyrillische Inschriften auf den Innenwänden des Gebäudes. Geschrieben wurden sie von Soldaten der Roten Armee, die am 30. April 1945 nach langen und erbitterten Kämpfen den Reichstag einnahmen. Auch wenn der Reichstag in der nationalsozialistischen Diktatur Adolf Hitlers de facto nur ein Scheinparlament war, der seine Gesetzgebungskompetenzen an die Reichsregierung abgegeben hatte, symbolisierte er für die sowjetischen Soldaten die Macht Hitlers. Entsprechend stolz hinterließen sie auf seinen Wänden ihre Spuren.

„Hier war und hat ausgespuckt – Gunin“

Die meisten Inschriften beginnen mit den Worten „Hier war…“ und nennen dann einen Namen, ein Datum, mitunter einen Verweis auf die Herkunft, den Dienstgrad oder die Zugehörigkeit zu einer militärischen Einheit.

Es sind aber auch politische Parolen zu lesen wie etwa „Für Leningrad haben sie voll bezahlt!“ Vereinzelt sind Beschimpfungen zu finden: „Hier war und hat ausgespuckt – Gunin“. Und auch ein Herz mit Amor-Pfeil ziert die Wand, auf dem steht: „Für Anatoli und Galina“.

Wiederentdeckte Zeitzeugnisse

Als das Reichstagsgebäude in den 1960er Jahren zum ersten Mal nach dem Zweiten Weltkrieg wieder aufgebaut wurde, setzte der damalige Architekt Paul Baumgarten Gipsfaserplatten in die Innenwände ein. So blieben die kyrillischen Inschriften verborgen.

Als das Gebäude dann 1995 vom britischen Architekten Norman Foster umgebaut wurde, mussten die Gipsfaserplatten entfernt werden, weil sie den giften Stoff Asbest enthielten. Foster war von den Zeitzeugnissen von 1945 so begeistert, dass er sie konservieren ließ und als „Zeichen der Geschichte“ aktiv in seine Pläne integrierte: Er rahmte sie durch freie Flächen wie Gemälde ein.

Heute sind die Inschriften übrigens ein fester Bestandteil der Führungen durch den Bundestag. Mehr über Besuchsmöglichkeiten erfahrt ihr hier:

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