Zum Inhalt springen

Familienpolitik Streit über Familienbilder

Die Opposition warf der neuen Familienministerin im Bundestag vor, die „traditionelle Familie“ zu vernachlässigen. Diskutiert wurde auch über Kinderarmut, die Folgen der Pandemie für Jugendliche und das Wählen ab 16.

Zwei Frauen halten ein Baby

Wenn zwei lesbische Frauen mit Hilfe eines Samenspenders ein Kind bekommen, sollen künftig von Anfang an beide als Eltern gelten – so plant es die Ampelkoalition. © DBT / Foto: shutterstock.com/Spaskov

Was ist eine Familie?

„Familie ist überall dort, wo Menschen Verantwortung füreinander übernehmen.“ So definierte die neue Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend Anne Spiegel (Bündnis 90/Die Grünen) den Begriff Familie zu Beginn ihrer Rede im Deutschen Bundestag am 13. Januar.

Sie fuhr fort: „Die Ampel will diese Vielfalt endlich im Recht abbilden und allen Familienformen Anerkennung zukommen lassen.“ Unter anderem plane die neue Bundesregierung, sogenannte Bonus-Eltern in Patchwork-Familien rechtlich abzusichern. Lesbische Mütter, die zusammen ein Kind bekämen, sollten von Anfang an beide als Mütter gelten. Damit Eltern sich gleichberechtigt um ihr Kind kümmern könnten, solle das Elterngeld reformiert werden. Und der zweite Elternteil solle nach der Geburt seines Kindes zwei Wochen bezahlten Urlaub bekommen.

„Bäh und Igitt“?

Sowohl die Unionsfraktion als auch die AfD kritisierten das Familienbild der Ampelfraktionen scharf. Dorothee Bär (CDU/CSU) warf der Regierung vor, sie behandele „traditionelle Familien“ mit einem „Bäh und Igitt“ und ziehe alternative Familienmodelle vor. Die Ministerin verwechsele, so Bär, Modernität mit „Beliebigkeit“ und „falsch verstandener Toleranz“.

Für die AfD behauptete Martin Reichardt: „Die Ampel will die Familie und damit die Grundlage unserer Gesellschaft zerstören.“ Und weiter: „Kinder werden unter der Ampel zum Spielball der LGBTQ-Lobby.“ Zur Erklärung: Die Abkürzung LGBTQ steht für lesbische, schwule, bisexuelle, transsexuelle, transgender, queere, intersexuelle und asexuelle Menschen.

Leidtragende der Corona-Pandemie

Weiter warf Reichardt der Regierung vor, sie habe mit den Corona-Einschränkungen „sensible Kinderseelen zerstört“. Er forderte: „Heben Sie alle Kinder betreffende Maßnahmen sofort auf!“

Die Auswirkungen der Pandemie thematisierten auch die anderen Fraktionen. Heidi Reichinnek (Die Linke) sagte: „Die Kinder und Jugendlichen gehen gerade kaputt.“ Sie forderte nachhaltige Investitionen in die Kinder- und Jugendhilfe.

Die Familienministerin plädierte ihrerseits dafür, das Leben von Kindern und Jugendlichen im weiteren Verlauf der Pandemie „nicht vorschnell einzuschränken“. Sie kündigte an, die Ampelkoalition plane ein Zukunftspaket für Kinder und Jugendliche, um das Versäumte der letzten Monate – „Schulen, Sport, Jugendbegegnungen“ – auszugleichen.

„Kampfansage an Kinderarmut“

… auch das versprach Anne Spiegel. Die geplante Kindergrundsicherung solle garantieren, dass kein Kind mehr in Armut leben müsse. Derzeit täten das laut einer Studie der Bertelsmann Stiftung noch ein Fünftel aller Kinder in Deutschland.

Jasmina Hostert (SPD) begrüßte diese Pläne ausdrücklich. Sie erzählte ihre eigene Geschichte: Als Kind sei sie aus Bosnien geflüchtet und nach Deutschland gekommen, wo sie das Glück hatte, von einer Pflegemutter aufgenommen zu werden, dank der sie schnell am gesellschaftlichen Leben habe teilnehmen können. „Soll die Zukunft unserer Kinder von Glück oder Pech abhängen?“, fragte Hostert. Eine Kindergrundsicherung könne das verhindern.

„Gesellschaft hat die Union vor Jahren überholt“

Gyde Jensen (FDP) freute sich unter anderem über die Pläne der Ampelkoalition, den Paragrafen 219a im Strafgesetzbuch abzuschaffen. Er besagt, dass wer Schwangerschaftsabbrüche „anbietet, ankündigt oder anpreist“, bestraft wird. Betroffen von dieser Regel sind vor allem Ärzte, die auf ihrer Website über ihre Leistungen informieren.

Das sei ein „Befreiungsschlag“, da der Staat sich künftig „nicht mehr anmaßt, Menschen in ihrem persönlichsten Lebensbereich seine Moralvorstellungen aufdrücken zu wollen.“ Die Kritik der CDU/CSU-Fraktion kommentierte Jensen mit den Worten: „Unsere Gesellschaft hat die Union schon vor Jahren überholt.“

Wählen ab 16: „Gerechtere Beteiligung“

Das Wahlrecht für die Bundestagswahlen von 18 Jahren auf 16 zu senken, ist ein Ziel, das die Grünen-Fraktion schon lange verfolgt. Nun steht es mit im Koalitionsvertrag. Darüber freute sich Ulle Schauws (Bündnis 90/Die Grünen), die darin eine „gerechtere Beteiligung“ sah.

Die ganze Debatte seht ihr hier im Video:

(jk)

Mehr zum Thema