Wenig Sport Zu dick, zu träge – was tun?
16 Prozent der Jugendlichen sind während der Corona-Pandemie dicker geworden. Bei einem Drittel hat sich die Fitness verschlechtert. Im Bundestag diskutierten die Abgeordneten darüber, wie man gegensteuern kann.
Die CDU/CSU-Fraktion sorgt sich. Viele Deutsche bewegen sich zu wenig – mit schlimmen Folgen. „Bewegungsmangel ist mittlerweile generell zu einem bedeutenden Risikofaktor für gesundheitliche Probleme geworden. Die Pandemie hat diese besorgniserregende Entwicklung weiter verstärkt.“ So beginnt der Antrag „Deutschland durch Sport gesünder machen“ der Unionsfraktion. Am 7. Juli debattierten die Abgeordneten ihn in erster Lesung.
Forderungen von CDU/CSU
16 Prozent der Kinder und Jugendlichen seien während der Corona-Krise dicker geworden, heißt es in dem Antrag. 44 Prozent bewegten sich weniger und bei einem Drittel habe sich die körperlich-sportliche Fitness verschlechtert.
Außerdem verweist die Union auf Menschen mit Behinderung. 55 Prozent treibe überhaupt keinen Sport, mitunter deshalb, weil über 90 Prozent der Sportanlagen nicht barrierefrei, für Menschen mit einer körperlichen Behinderung also nicht nutzbar seien.
Die Fraktion fordert deshalb die Bundesregierung auf, „umgehend einen Bewegungsgipfel einzuberufen“, sich ein Bild der Probleme zu machen und anschließend Handlungsfelder zu benennen und Lösungen zu erarbeiten.
Union: „Opposition wirkt“
Einen Bewegungsgipfel hat Innenministerin Nancy Faeser (SPD) inzwischen angekündigt. Für Johannes Steiniger (CDU/CSU) ein Verdienst seiner Fraktion: „Man sieht: Opposition wirkt.“
Steiniger betonte die schwierige Situation der Sportvereine nach der Corona-Krise. Es gebe deutlich weniger Mitglieder und weniger ehrenamtliche Trainer und Übungsleiter. „Wir wollen das nicht hinnehmen“, kündigte Steiniger an und forderte: „Es darf auf keinen Fall im Herbst wieder Schließungen von Sport geben.“
SPD: „Chefinnensache“
Da die Debatte sehr spät am Abend stattfand, gab Herbert Wollmann (SPD) seine Rede zu Protokoll, statt sie mündlich zu halten. Darin betont er, das Thema Sport sei „Chefinnensache“ für Ministerin Faeser. Sie habe nicht nur den Gipfel einberufen, sondern sich zudem in der Sportministerkonferenz für das Programm „Re-Start Sport“ starkgemacht. Außerdem unterstütze die Bundesregierung die Bewegungskampagne der Deutschen Sportjugend, das Programm „Move“.
„Wie Sie sehen“, schließt Wollmann, „tut die Bundesregierung mehr als jede Regierung zuvor, um den Sport gerade während der Pandemie zu unterstützen.“
Grüne: „Jetzt passiert endlich was“
Tina Winklmann (Bündnis 90/Die Grünen) kritisierte die Union scharf: „Der Antrag liest sich, als hätten Sie ein schlechtes Gewissen“, sagte sie. In den vergangenen 16 Jahren sei schließlich die Union für das Thema Sport zuständig gewesen – und habe vieles versäumt. „Jetzt passiert endlich was“, sagte Winklmann. „Nicht ein Ruck, sondern eine ständige Bewegung“ müsse angestoßen werden, deshalb werde der Gipfel auch ressortübergreifend organisiert und gemeinsam mit den Sportministern der Länder.
FDP: „Es darf nie wieder zu Sportstättenschließungen kommen“
Auch Philipp Hartewig (FDP) gab seine Rede zu Protokoll. „Ja, die Lage ist ernst“, heißt es darin. Zwei Drittel der Deutschen bewegten sich täglich weniger als eine Stunde. Zwei Drittel der Männer und die Hälfte der Frauen in Deutschland seien übergewichtig.
„Ein bloßer Gipfel bringt uns nicht weiter“, so Hartewig. Es brauche viel mehr „einen substanzreichen Prozess zur Lösung dieser Herausforderungen“, der „Fitnessstudios, Rehabilitationssportvereine, Sport für Menschen mit Behinderung, Breiten- und Leistungssport in all seinen Facetten“ einschließe. „Es darf nie wieder zu kompletten Sportstättenschließungen kommen“, schloss Hartewig.
AfD: „Sie haben doch selbst Schuld“
Jörg König (AfD) nutzte seine Rede, um die Corona-Politik der letzten Bundesregierung zu kritisieren. Die Union habe 2020 und 2021 „Grundrechte ohne jede Datengrundlage eingeschränkt“ und dadurch auch den Sport verhindert. Der Antrag der Union sei daher „voller Heuchelei“, so König. „Sie haben doch selbst Schuld!“ Die AfD habe dagegen immer gesagt: „Der Sport ist Teil der Lösung, nicht des Problems.“
Linke: „Sport gehört als Staatsziel ins Grundgesetz“
André Hahn (Die Linke) bezeichnete den Antrag als „ehrliches Resümee über die Versäumnisse der Merkel-Regierung“. Die Corona-Pandemie habe den Sport massiv eingeschränkt und Probleme verschärft. Der Staat müsse dringend für genug Sportangebote und eine entsprechende Infrastruktur sorgen. Deshalb fordere Die Linke seit Jahren: „Sport gehört als Teil der Daseinsvorsorge, als Staatsziel ins Grundgesetz.“
Hier seht ihr die Debatte im Video:
(jk)