Uwe Witt (Zentrumspartei) Als Fraktionsloser im Bundestag
Uwe Witt trat kürzlich aus Partei und Fraktion der AfD aus. Wir haben ihn gefragt, warum er das getan hat, wieso er sich der Zentrumspartei anschloss und welche Vorteile er darin sieht, als fraktionsloser Abgeordneter arbeiten zu können.
Sie sind im September als Mitglied der AfD in den Bundestag eingezogen. Im Dezember gaben Sie Ihren Austritt aus Partei und Fraktion bekannt. Warum?
Ich habe meinen Wählern während des Bundestagswahlkampfs versprochen, dass es für mich gewisse rote Linien innerhalb der Partei und der Fraktion gibt, die nicht überschritten werden. Und ich habe angekündigt, dass ich Konsequenzen daraus ziehen werden, falls es zu diesen Grenzüberschreitungen kommt. Wie allgemein bekannt ist diese Situation innerhalb der ersten zwei Monate nach der Wahl eingetreten. In verschiedenen Situationen hat sich die AfD nicht deutlich genug gegen Rechtsextreme abgegrenzt, sodass es für mich unmöglich war, Mitglied in der Partei zu bleiben.
Inwiefern hat sich Ihr Arbeitsalltag durch den Austritt aus der Fraktion verändert?
Es ist bedauerlich, dass ich als fraktionsloser Abgeordneter keine Anfragen und eigenen Anträge ins Plenum einbringen kann. Außerdem kann ich kein stimmberechtigtes Mitglied eines Ausschusses sein. Ich finde aber positiv, dass ich die Themen, zu denen ich sprechen möchte, jetzt freier wählen kann.
Am meisten freut mich, dass ich nun sozialpolitisch und umweltpolitisch freier und viel mehr im Sinne meiner Wähler agieren kann. Vorher fühlte ich mich durch neo-liberale Zwänge und einseitige Sichtweisen der AfD-Fraktion in der Umweltpolitik eingeschränkt.
In meiner vorherigen Fraktion wurden außerdem einzelne Politiker in den etablierten Parteien stark stigmatisiert, das hat mich gestört. Jetzt kann ich mich auf Fakten konzentrieren, das ist für mich mehr im Sinne der Oppositionspolitik.
Sie sind seit einigen Wochen neues Mitglied der Deutschen Zentrumspartei. Was ist das für eine Partei?
Die Wurzeln der Partei reichen bis ins 19. Jahrhundert zurück. Erfreulicherweise hat sich die Zentrumspartei zur Zeit meines Eintritts programmatisch gerade neu definiert. Es wurden alte Zöpfe abgeschnitten und bei der politischen Neuausrichtung wurde der Schwerpunkt auf eine christlich-soziale Politik gelegt, mit besonderem Augenmerk auf die Familienpolitik.
Bei den christlichen Werten geht es uns nicht um die Religionszugehörigkeit. Wir fühlen uns keiner Kirche verpflichtet, sondern wollen den christlich-humanistischen Leitgedanken so weit wie möglich in unsere Politik einfließen lassen.
Die Zentrumspartei hat mit Ihnen zum ersten Mal seit 1957 einen Abgeordneten im Deutschen Bundestag. Warum haben Sie sich dafür entschieden, dieser Partei beizutreten?
Die genannte Parteiprogrammatik gefällt mir. Zudem sehe ich eine politische Lücke zwischen der AfD, die weit nach rechts abgedriftet ist, und der CDU, die sich immer mehr der SPD annähert. Das eröffnet genau den politischen Spielraum für die Zentrumspartei.
Als Fraktionsloser haben Sie weniger Möglichkeiten als andere Abgeordnete, zum Beispiel eine geringere Redezeit im Plenum. Können Sie trotzdem etwas bewirken?
Als fraktionsloser Abgeordneter hat man zwar weniger Redezeit pro Redebeitrag, aber dafür kann ich mich jetzt zu allen Themen äußern. Das fachliche Spektrum wird so größer.
Außerdem arbeite ich nun losgelöst vom Fraktionszwang und bin somit nur meinen Wählern und meinem Gewissen Rechenschaft schuldig. Wenn ich an die vergangene Legislaturperiode denke, muss ich leider sagen, dass viele meiner sozial-politischen Anträge, in denen es um die „kleinen Leute“ ging, in der AfD-Fraktion abgelehnt wurden.
Über Uwe Witt
Uwe Witt wurde 1959 in Witten geboren. Nach einer Ausbildung zum Betriebsschlosser sowie späterem Studium arbeitete er als Manager im Bereich Personal und Verwaltung und war als selbstständiger Unternehmer tätig. 2013 trat er in die AfD ein und zog 2021 für die Fraktion in den Bundestag ein. Nach seinem Fraktionsaustritt im Dezember ist er seit Januar 2022 Mitglied der Deutschen Zentrumspartei. Mehr erfahrt ihr auf seinem Profil auf bundestag.de.
(Mira Knauf)