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Regierungsbefragung „Wir erleben auch eine ökonomische Zeitenwende“

Gestern stellten sich Finanzminister Lindner und Bauministerin Geywitz den Fragen der Abgeordneten. Es ging unter anderem um Schulden, Wohnungslosigkeit und die Bekämpfung von Kinderarmut.

Christian Lindner auf der Regierungsbank

„Wir wollen Kinderarmut wirksam bekämpfen“, versicherte der Finanzminister im Bundestag. © picture alliance/dpa/Kay Nietfeld

In Sitzungswochen beginnt der Mittwoch in der Regel mit einer Befragung der Bundesregierung. Nach einer Änderung der Geschäftsordnung stehen dafür neuerdings zwei Mitglieder der Regierung zur Verfügung. Gestern waren Christian Lindner (FDP), Bundesminister für Finanzen, und Klara Geywitz (SPD), Bundesministerin für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen, an der Reihe.

Finanzminister: „Unsere Gesellschaft muss fair bleiben“

Lindner sagte zu Beginn seiner Rede, vor einem Jahr habe der Bundeskanzler angesichts des Krieges in der Ukraine eine „Zeitenwende“ verkündet. Es handele sich dabei nicht nur um eine sicherheitspolitische, sondern auch um eine „ökonomische Zeitenwende“. Der Bundestag habe ein „Sondervermögen“ für die Bundeswehr beschlossen, und die finanzielle Unterstützung für die Ukraine sei eine „bleibende, dauernde Aufgabe“.

Es sei wichtig, dass Einnahmen und Ausgaben wieder „in Einklang gebracht werden“. Man dürfe den Staat finanziell nicht „dauerhaft überfordern“, sondern müsse Haushaltspolitik wieder „aus den Augen der Kinder“ betreiben. „Kinderzukunftssicherung“ nannte er das. Denn, so Lindner, Wohlstand müsse erst erwirtschaftet werden, bevor er verteilt werden könne.

Ein weiterer Punkt sei ihm wichtig: „Unsere Gesellschaft muss fair bleiben.“ Das bedeute, Menschen müssten das Gefühl haben, „dass alle nach den gleichen Regeln spielen“. Deshalb habe die Bundesregierung das Bürgergeld an die Inflation angepasst und mit dem Inflationsausgleichgesetz dafür gesorgt, dass auch Arbeitnehmer entlastet würden.

Bauministerin: „Viele Herausforderungen im Baubereich“

Geywitz erklärte in ihrem Eingangsstatement, die „vielen Herausforderungen im Baubereich“ werde man nicht „nur mit mehr Geld und Subventionen“ lösen können. „Wir müssen digitalisieren, wir müssen standardisieren“, sagte sie. Nur so könne man im Bausektor die Kosten dämpfen.

Die Ministerin sprach außerdem ein Papier mit dem Titel „Wie werden wir in Zukunft heizen?“ an, das in den vergangenen Tagen viel diskutiert wurden sei. Es handele sich dabei um einen sogenannten Referentenentwurf, also einen Vorschlag, der von einem Referat ihres Ministeriums erarbeitet, aber von der Bundesregierung noch nicht beschlossen worden sei. Kritik sei deshalb verfrüht. Fest stehe aber: Wenn Deutschland bis 2045 klimaneutral sein wolle, „hätte man den Menschen schon 2015 sagen müssen, wie wir in Zukunft heizen werden“. Denn es gebe in Deutschland „Millionen von Heizungen“, die man nicht von heute auf morgen umstellen könne. „Das wird eine große Transformationsaufgabe“, so Geywitz.

Union befürchtet Zweckumwidmung von Geldern

Mathias Middelberg (CDU/CSU) erklärte, seine Fraktion mache sich „Sorgen“, dass „Gelder aus dem Doppel-Wumms“ im Bundeshaushalt 2024 anders verwendet werden könnten, als ursprünglich geplant. „Können Sie uns zusichern, dass die Mittel aus dem Stabilisierungsfonds für den ursprünglichen Zweck verwendet werden“, nämlich für die Stabilisierung von Unternehmen, die unter der Energiekrise litten, und die Preisbremsen bei Strom, Gas und Energie, wollte Middelberg wissen. Lindner beantwortete das mit einem klaren „Ja“.

Grüne thematisieren globale Schuldenprobleme

Deborah Düring (Bündnis 90/Die Grünen) sagte, ein Drittel aller Länder weltweit sei von Verschuldungskrisen bedroht. Sie fragte, wie Deutschland internationale Schuldenprobleme handhaben wolle. Der Finanzminister antwortete, die „globale Verschuldungsproblematik“ sei der Bundesregierung sehr bewusst, sie sei mit ihren Partnern im Austausch dazu.

AfD fragt nach Schuldenbremse

Peter Boehringer (AfD) fragte, ob Deutschland die verfassungsrechtliche Schuldenbremse im Bundeshaushalt 2024 einhalten werde. Lindner bejahte dies, „sofern es nicht weitere unerwartete Ereignisse gibt“. Für solche Fälle sieht das Grundgesetz eine Ausnahme vor.

SPD spricht Wohnungslosigkeit an

Brian Nickholz (SPD) erinnerte daran, dass Deutschland Wohnungslosigkeit bis 2030 überwinden wolle. Die Bauministerin sei vor Kurzem mit einer Delegation nach Finnland gereist, um sich dort den „Housing First Ansatz“ anzuschauen. Ob dieser auf Deutschland übertragbar sei, wollte Nickholz wissen.

Geywitz betonte, in Finnland gebe es einen überparteilichen Konsens in dem Bereich und hohe Investition in Sozialwohnungen. Auch die Bundesregierung setze einen Schwerpunkt auf sozialen Wohnungsbau. Es sei überdies ein nationales Forum zum Thema geplant, um alle Herausforderungen der Wohnungslosigkeit anzugehen.

Linke fragt nach Kindergrundsicherung

Gesine Lötzsch (Die Linke) erkundigte sich nach dem Vorhaben der Kindergrundsicherung. Lindner versicherte: „Wir wollen Kinderarmut wirksam bekämpfen.“ Ein wichtiger Punkt sei dabei die Digitalisierung, damit Familien ihre Rechte auch wirklich in Anspruch nehmen könnten. Weitere Maßnahmen würden derzeit eruiert.

FDP fragt nach Zinsen

Christoph Meyer (FDP) fragte danach, wie die Zinsen sich in der näheren Zukunft entwickeln würden. Der Finanzminister erklärte, die Zinsen stünden in Abhängigkeit von der Geldpolitik der Europäischen Zentralbank, deren Entscheidungen man noch nicht kenne. Erwartbar sei aber eher eine weitere Steigerung der Zinsen.

Hier seht ihr die ganze Regierungsbefragung im Video:

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