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Menschenrechte Streit über Bericht der Bundesregierung

Alle zwei Jahre veröffentlicht die Bundesregierung einen Bericht über ihre Menschenrechtspolitik. Darüber diskutierten die Abgeordneten nun im Plenum, von der Opposition gab es Kritik.

Eine Menschenmenge demonstriert für Menschenrechte, zwei Transparente sind zu sehen, darauf die Aufschrift 'Bitte' Frieden schaffen ohne Waffen' und 'Let Love win'

Immer wieder demonstrieren Bürgerinnen und Bürger weltweit für die Achtung der Menschenrechte. Hier in Leipzig im Januar 2023. © picture alliance/dpa | Hendrik Schmidt

Jeder hat das Recht auf Leben, Freiheit und Sicherheit der Person – das legt der Artikel 3 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte fest. Die Resolution der UN-Generalversammlung definiert in insgesamt 30 Artikeln die Rechte eines jeden Menschen. Auch das Grundgesetz für die Bundesrepublik hält diese Rechte fest, zum Beispiel das Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit oder das Recht auf körperliche Unversehrtheit.

Alle zwei Jahre berichtet die Bundesregierung über die Entwicklungen der deutschen Menschenrechtspolitik – in Deutschland und der Welt. Kürzlich hat die Bundesregierung den 15. Menschenrechtsbericht veröffentlicht. Er bildet den Zeitraum Oktober 2020 bis September 2022 ab. Das Auswärtige Amt ist bei der Erstellung des Berichts federführend.

Bericht in vier Teilen

Der Bericht ist in vier Teile gegliedert. Der erste Teil besteht aus dem „Aktionsplan Menschenrechte“, in dem die Bundesregierung Prioritäten festlegt, die im Bereich Menschenrechtsschutz von 2023 bis 2024 eine besonders wichtige Rolle spielen sollen.

Der zweite Teil beschäftigt sich mit der Situation der Menschenrechte in Deutschland. Im dritten Teil wird die deutsche Außen- und Entwicklungspolitik im Hinblick auf Menschenrechte unter die Lupe genommen. Und der vierte Teil, „Menschenrechte weltweit“, beschreibt die Lage in einigen ausgewählten Ländern und geht auf das deutsche Engagement bei der Umsetzung des Menschenrechtsschutzes ein.

Feministische Außenpolitik und Kinderrechte

Im Aktionsplan der Bundesregierung geht es unter anderem um das Thema feministische Außenpolitik. Die Bundesregierung verfolge eine Feministische Außenpolitik mit dem Ziel, Rechte, Ressourcen und Repräsentanz von Frauen und Mädchen weltweit zu stärken und zu fördern, heißt es in dem Bericht. So solle auch in der EU und international für eine Gleichstellungspolitik eingetreten werden. Zudem wolle die Regierung sich gegen jegliche Benachteiligung aufgrund sexueller Orientierung und Geschlechtsidentität einsetzen.

Außerdem sollen Kinderrechte eine Priorität darstellen. Sie sollen im Grundgesetz verankert werden und Kinder sollen über ihre Rechte und Beschwerdemöglichkeiten informiert werden.

Klimawandel und benachteiligte Gruppen

Ein weiteres wichtiges Thema im Bericht ist der Klimawandel. Denn dieser verstärke bestehende Ungleichheiten und Vulnerabilitäten. So seien beispielsweise Kinder, Menschen mit Behinderungen, Frauen und nicht-binäre Personen besonders von Klimawandelfolgen betroffen. Häufig seien diese Gruppen mit sozialen, wirtschaftlichen und politischen Barrieren konfrontiert, die es ihnen erschwerten, sich an den Klimawandel anzupassen, schreibt die Bundesregierung. Deshalb setze man sich aktiv für die „Berücksichtigung der geschlechtsspezifischen Dimension des Klimawandels“ ein.

In einer knapp 40-minütigen Debatte diskutierten die Abgeordneten über den Bericht der Bundesregierung im Plenum. Anschließend wurde die Vorlage an den Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe überwiesen.

Grüne: „Deutschland wird gebraucht“

Die Debatte eröffnete Luise Amtsberg, Beauftragte der Bundesregierung für Menschenrechtspolitik und humanitäre Hilfe. Sie sagte, man müsse eine traurige Bilanz ziehen, wenn man sich die Menschenrechtslage weltweit ansehe. Den russischen Angriffskrieg, die damit verbundene Ernährungskrise im Globalen Süden und den Umgang des iranischen Regimes mit Protestierenden nannte sie als Beispiele für aktuelle Herausforderungen. Es gelinge immer weniger, Krisen und Konflikte zu lösen, so Amtsberg.

Hinzu komme die immer größer werdende Lücke zwischen verfügbaren Mitteln und den tatsächlichen humanitären Bedarfen. Man müsse das humanitäre System deshalb effizienter machen. Beispielsweise müssten Mittel flexibler einsetzbar sein, so Amtsberg. Deutschland werde als zweitgrößter humanitärer Geber gebraucht, um Leid abzufedern, betonte sie. Sie dankte deshalb dem Parlament, dass es trotz angespannter Haushaltslage gelungen sei, diesen Anspruch zu halten.

CDU/CSU: „Wer zuschaut, der wird mitschuldig“

Auch Michael Brand von der Unionsfraktion kam auf den russischen Angriffskrieg zu sprechen. Er kritisierte, dass es im Kanzleramt noch immer Einzelne gebe, die mit der russischen Führung sprechen wollten, statt den Opfern die entsprechenden Mittel zur Verteidigung zu geben.

Es gebe entsetzliche Menschenrechtsverletzungen, sagte Brand und sprach davon, dass ukrainische Kinder und Frauen Opfer von Deportationen nach Russland würden. Hier sollten sie zwangsweise zu Russen gemacht werden, so Brand weiter. Die Männer der Familien würden ermordet. Das sei nach der UN-Konvention von 1948 Völkermord. Man müsse endlich etwas tun, betonte Brand. Denn wer weiter zuschaue, der sei mitschuldig.

SPD: „Mit innenpolitischen Fragen beschäftigen“

Die SPD-Fraktion sei keine Fraktion von Putin-Verstehern, wies Frank Schwabe Kritik des Abgeordneten Brand zurück. Man ringe um den richtigen Weg, auch in der Frage der Waffenlieferungen an die Ukraine. Und man sei sich einig, dass humanitäre Hilfe gebraucht werde und in der Strafverfolgung alles getan werden solle, um Kriegsverbrecher zur Rechenschaft zu ziehen.

Schwabe betonte zudem, die Bundesregierung habe einen umfassenden Menschenrechtsansatz, der nach außen und nach innen gucke und sich somit auch mit innenpolitischen Fragen auseinandersetze. Denn zu den Themen Antisemitismus, Islamophobie und Queerfeindlichkeit gebe es viel zu diskutieren. Wenn man die Arbeit im Inland gut mache, gebe das mehr Möglichkeiten, nach außen entsprechende Kritik zu üben, so Schwabe.

FDP: „Menschenrechte sind Basis eines guten Lebens“

Renata Alt von der FDP-Fraktion thematisierte die Lage im Iran und sagte, man müsse jetzt handeln und für Menschenrechte kämpfen, wenn man nicht zusehen wolle, wie weitere Menschen hingerichtet würden. Auch in Russland habe sich die Menschenrechtslage verschlechtert, so Alt. Man lebe in einer Zeit, in der Menschenrechte von autoritären und aggressiven Akteuren unter Druck gerieten. Deshalb müssten der Bundestag und die Bundesregierung den Einsatz für Menschenrechte geschlossen verstärken. Denn Menschenrechte seien die Basis eines guten Lebens, so Alt.

AfD: „Bericht ist verlogen und inszeniert“

Jürgen Braun von der AfD-Fraktion kritisierte in seiner Rede, der Menschenrechtsbericht der Bundesregierung habe mit Menschenrechten so gut wie nichts zu tun. Hier gehe es um „feministische Außenpolitik“ und „feministische Entwicklungspolitik“. Der Bericht sei verlogen und inszeniert, behauptete Braun. Er kritisierte, dass die Corona-Maßnahmen – die er als „totalitäre Grundrechtseinschränkungen“ bezeichnete – im Bericht keine Erwähnung fänden. Des Weiteren sagte er, Corona diene der Außenministerin dazu, illegale Masseneinwanderung nach Deutschland zu legitimieren.

Die Linke: „Wohnungsmangel ist menschenrechtliche Katastrophe“

Zaklin Nastic von der Linksfraktion sprach über die Situation in Deutschland. Die Bundesregierung lobe sich selbst für die Maßnahmen, die sie zur Bekämpfung von Kinderarmut eingeführt habe, sagte Nastic. Dabei lebe immer noch jedes fünfte Kind in Deutschland in Armut. Nastic kritisierte, dass die Regierung erst 2025 plane, eine Kindergrundsicherung einzuführen. Zudem führte sie an, dass der Wohnungsmangel aktuell auf einem Höchststand und dies eine menschenrechtliche Katastrophe sei.

Die komplette Bundestagsdebatte seht ihr hier im Video, das Protokoll findet ihr wie immer auf bundestag.de.

(Mira Knauf)

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