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Ergebnisse Sondersitzung Corona-Notlage, Fluthilfe, Afghanistan-Einsatz

Eric Matt

Sondersitzung im Bundestag: Die Mehrheit stimmte für die Evakuierungsaktion in Afghanistan und für die Verlängerung der Pandemie-Notlage. Gelder für die Flutopfer im Westen Deutschlands wurden auf den Weg gebracht.

Ein Schild weist auf die Abstandsregel von 1,5 Metern wegen Corona hin.

Bis Ende November bleibt es bei der Corona-Notlage in Deutschland, beschloss eine Mehrheit der Abgeordneten im Bundestag. © DBT/Quelle: shutterstock.com/franconiaphoto

Seit Juli ist Sommerpause im Parlament. Die Bundestagsabgeordneten sind in ihren Wahlkreisen unterwegs – dieses Jahr insbesondere auf Wahlkampftour. Am Mittwoch jedoch trafen sich die Volksvertreter zu einer Sondersitzung in Berlin. Das Parlament musste dringend handeln. Anlässe waren der Vormarsch der Taliban in Afghanistan, die Flutkatastrophe im Westen Deutschlands und die Coronapandemie.

Was ist los in Afghanistan?

In Afghanistan hat die Taliban, eine islamistische Terrorgruppe, erneut die Macht übernommen und die bisherige Regierung gestürzt. Von 1996 bis 2001 herrschten die sogenannten Gotteskrieger in dem asiatischen Gebirgsland schon einmal und wurden damals von einer westlichen Allianz militärisch entmachtet.

Auch Deutschland engagierte sich seitdem im Rahmen des Verteidigungsbündnisses Nato militärisch und beteiligte sich am Wiederaufbau des Landes. Bisher waren insgesamt 160.000 deutsche Soldaten in Afghanistan im Einsatz, 59 von ihnen sind dabei bislang ums Leben gekommen. Nach der Entscheidung der USA zum Abzug ihrer Truppen leitete auch die Nato und somit auch Deutschland im Frühjahr dieses Jahres das Ende ihres Einsatzes am Hindukusch ein.

Dies führte zum Erstarken der Taliban, die ein afghanisches Gebiet nach dem anderen eroberten. Der bisherige afghanische Präsident floh aus dem Land. Seit der Machtübernahme durch die Taliban sei die Lage im Land „außerordentlich unübersichtlich“, heißt es im Antrag der Bundesregierung, der am 25. September im Parlament zur Abstimmung stand.

Denn die Taliban wollen Staatsangehörige anderer Länder sowie afghanische Helfer der Bundeswehr nicht ausreisen lassen. Viele Menschen, die sich dort zum Beispiel für Menschenrechte einsetzen, fürchten nun um ihre Sicherheit.

Merkel: Taliban sind „Realität in Afghanistan“

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) erklärte, die Entwicklungen in Afghanistan seien „furchtbar, bitter, für viele Menschen in Afghanistan eine einzige Tragödie“ und stellten „menschliche Dramen“ dar. Auch Deutschland habe unterschätzt, „wie umfassend und damit im Ergebnis wie atemberaubend schnell die afghanischen Sicherheitskräfte nach dem Truppenabzug ihren Widerstand gegen die Taliban aufgeben würden“.

Merkel verwies aber auch auf die Erfolge der letzten Jahrzehnte. So sei die Kindersterblichkeit in den vergangenen 20 Jahren halbiert worden, 70 Prozent der Afghanen hätten zudem Zugang zu Trinkwasser und mehr als 90 Prozent Zugang zu Strom. Um diese Errungenschaften zu erhalten, sprach sich Merkel für Verhandlungen mit den Taliban aus, denn diese seien „jetzt Realität in Afghanistan“.

Die Kanzlerin beendete ihre Rede: „Auch wenn es in dieser bitteren Stunde nicht danach aussieht, bin ich der festen Überzeugung, dass keine Gewalt und keine Ideologie den Drang der Menschen nach Freiheit, nach Gerechtigkeit und nach Frieden dauerhaft aufhalten können“.

Was sagten die Bundestagsabgeordneten?

Die Abgeordneten fast aller Fraktionen zeigten sich unzufrieden. So erklärte der Vorsitzende der AfD-Fraktion Alexander Gauland, das Vorhaben der Bundesregierung sei „krachend gescheitert“. Der SPD-Fraktionsvorsitzende Rolf Mützenich kritisierte „Fehler und Versäumnisse der internationalen Gemeinschaft“ und forderte eine schonungslose Aufklärung.

Christian Lindner von der FDP-Fraktion sprach von „organisierter Unverantwortlichkeit“ und die Grünen-Abgeordnete Annalena Baerbock gar von einem „außenpolitischen Desaster“. Beide forderten einen Untersuchungsausschuss, um die Geschehnisse aufzuarbeiten. Die Bundesregierung habe Fehler gemacht, die „unentschuldbar“ seien, so der Linken-Fraktionsvorsitzende Dietmar Bartsch.

Der CDU/CSU-Abgeordnete Johann David Wadephul hingegen erklärte, dass Deutschland trotz allen Fehlern auch ein „besseres und menschwürdigeres Leben“ erreicht habe – insbesondere für Mädchen und Frauen.

Im Anschluss an die Debatte stimmten die Abgeordneten über den Antrag der Bundesregierung ab. Dieser soll den bereits laufenden Bundeswehreinsatz in Afghanistan nachträglich bestätigen, bei dem bis zu 600 Soldaten für eine Luftbrücke eingesetzt werden können, um die Evakuierung deutscher Staatsangehöriger, von Personal der internationalen Gemeinschaft und etwa Helfern aus Afghanistan zu ermöglichen. Dabei stimmten 538 Abgeordnete für den Antrag und neun dagegen, während sich 89 enthielten. Wenn euch interessiert, wie die Fraktionen im einzelnen abgestimmt haben, dann klickt hier!

Die komplette Debatte zu Afghanistan könnt ihr euch im Video anschauen.

Wiederaufbau nach Flutkatastrophe

Als nächstes Thema stand die Flutkatastrophe in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen auf der Tagesordnung. Anfang Juli sorgten dort Starkregen und Unwetter für enorme Überschwemmungen. Aus kleinen Flüssen und Bächen wurden reißende Ströme, die ganze Ortschaften zerstörten und über 180 Menschen das Leben kosteten.

In der Debatte ging es unter anderem um einen Gesetzentwurf der Koalitionsfraktionen CDU/CSU und SPD, der bis zu 30 Milliarden Euro für den Wiederaufbau der betroffenen Gegenden fordert. Die Fraktionen stimmten dem Hilfsfonds grundsätzlich zu. Alle Abgeordneten sprachen fraktionsübergreifend ihr Mitgefühl für die Betroffenen und Dank für die Helfer aus.

Nach der Debatte im Plenum beschäftigt sich nun der Haushaltsausschuss mit dem Gesetzentwurf. Was die Bundestagsabgeordneten noch sagten, könnt ihr hier im Video anschauen.

Corona: Bundestag verlängert epidemische Lage

Als dritter und letzter Punkt der Sondersitzung stand die Coronapandemie auf der Tagesordnung. Die Bundestagsabgeordneten berieten, wie lange es noch eine „epidemische Lage von nationaler Tragweite“ geben soll. Dieser Ausdruck wurde zu Beginn der Coronapandemie im März 2020 im Infektionsschutzgesetz eingeführt. Durch dieses Gesetz kann die Bundesregierung schnell einheitliche Maßnahmen auf den Weg bringen, um die Coronapandemie bundesweit zu bekämpfen. Konkret ermöglicht die Notlage der Bundesregierung, ohne Zustimmung des Bundesrates Verordnungen zu erlassen, etwa zu Tests, Impfungen oder zur Einreise.

Die Koalitionsfraktionen forderten in ihrem Antrag, die epidemische Lage von nationaler Tragweite um maximal drei Monate zu verlängern. Am Ende der Debatte wurde dies beschlossen. Dabei stimmten 325 Abgeordnete für die Verlängerung und 252 dagegen. Fünf Parlamentarier enthielten sich. Wer wie abgestimmt hat, findet ihr hier. Vor der Abstimmung aber ging es im Plenarsaal heiß her, die Opposition kritisierte das Vorhaben von CDU/CSU und SPD zum Teil scharf.

Opposition gegen die Verlängerung

Zu Beginn der Debatte sprach der CDU/CSU-Abgeordnete Alexander Dobrindt. Er erklärte, dass das Infektionsgeschehen weiterhin dynamisch sei, weshalb man die epidemische Lage verlängern müsse, um auch weiterhin „das Risiko zu beherrschen“. Dem stimmte Bärbel Bas von der SPD-Fraktion zu. Ihrer Meinung nach ist eine Verlängerung notwendig, da der Impffortschritt noch nicht groß genug sei.

Die Oppositionsfraktionen hingegen waren anderer Meinung. So sagte der AfD-Bundessprecher und stellvertretende Fraktionsvorsitzende Tino Chrupalla, dass seine Fraktion eine Verlängerung der epidemischen Lage ablehne. Christine Aschenberg-Dugnus kommentierte, die Verlängerung stelle „eine Fortführung der automatischen, undifferenzierten Grundrechtseingriffe der Bundesregierung“ dar, weshalb ihre FDP-Fraktion „selbstverständlich“ nicht zustimme.

Auch der Linksabgeordnete Jan Korte sprach sich gegen eine Verlängerung aus, da der Antrag der „Beweis für das Scheitern der Politik der Bundesregierung“ sei. „Zu spät, chaotisch, ineffizient“ – so bezeichnete die Grünen-Abgeordneten Manuela Rottmann die Corona-Politik der Bundesregierung. Daher lehne auch ihre Fraktion den Antrag ab.

Die Corona-Debatte könnt ihr hier anschauen:

Zur Person

Portraitfoto von mitmischen-Autor Eric Matt
Mitmischen-Autor

Eric Matt

... ist 22 Jahre alt und studiert an der Universität Konstanz Politik- und Verwaltungswissenschaften. Zurzeit macht er ein Auslandssemester in Israel.

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