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Lernen Hat jedes Kind die gleiche Chance?

Eric Matt

Bessere Startchancen für Schüler, BAföG-Reform und Digitalisierung: Bildungsministerin Stark-Watzinger (FDP) erklärte im Bundestag ihre Ziele für die kommenden vier Jahre. Die einen sahen darin einen „Aufbruch“, die anderen nur „leere Worthülsen“.

Mädchen mit Schulranzen und Mundschutz vor einem Schulgebäude

Offene Schulen in der Pandemie, auch dafür warb die neue Bildungsministerin. © DBT / Foto: shuterstock.de/Pearl PhotoPix

Wie digitalisieren wir die Schulen? Wie können Schüler und Studierende besser unterstützt werden? Wie beenden wir den Fachkräftemangel im Bildungssystem? Und wie schaffen wir es, dass jedes Kind in Deutschland die gleichen Chancen hat – unabhängig von Elternhaus, Geschlecht oder Herkunft?

Um all diese Fragen ging es in der Grundsatzdebatte zu Bildung und Forschung am 13. Januar. Bildungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP) möchte unter anderem für mehr Chancengerechtigkeit sorgen, eine BAföG-Reform einleiten und „mit der besten Bildung und Forschung Lösungen für die Zukunft suchen“. Die Abgeordneten warfen ihr teilweise „leere Worthülsen“ und „soziale Spaltung“ vor. Andere signalisierten ihre Unterstützung.

Bildungsministerin: „Gemeinsam Kehrtwende schaffen“

„Wo die jungen Menschen herkommen, können sie sich nicht aussuchen, aber wo sie hingehen, sollen sie selbst bestimmen“, erklärte Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP). Gute Bildung ebne den Weg in ein selbstbestimmtes Leben. Bisher aber könne beispielsweise jeder fünfte Jugendliche nicht ausreichend lesen. Bildung und Forschung seien daher „Treiber für Wohlstand“, die für die gesamte Gesellschaft von großer Bedeutung seien.

Stark-Watzinger erklärte: „Deutschland ist und muss Innovationsland bleiben. Mit der besten und modernsten Bildung wollen wir Lebenschancen schaffen und mit bester Forschung Lösungen für die Zukunft suchen.“ Um dies zu schaffen, müsse trotz Pandemie alles dafür getan werden, die Schulen offenzuhalten. Außerdem müsse man diese digitalisieren und eine BAföG-Reform verabschieden, um die staatliche Unterstützung von Schülern und Studierenden „flexibler, attraktiver, moderner und vor allem auch elternunabhängiger“ zu machen. BAföG bedeutet Bundesausbildungsförderungsgesetz. Stark-Watzinger verwies auch auf das Programm „Startchancen“. Damit unterstütze der Bund 4000 Schulen in „sozial schwierigen Lagen mit Investitionsprogramm und Chancenbudget“.

Da die Ziele der Ampel-Koalition ambitioniert seien, „braucht es alle: Kommunen, Länder und den Bund. Gemeinsam können wir die Kehrtwende schaffen“, so Stark-Watzinger.

Die neue Bildungsministerin

Bettina Stark-Watzinger wurde am 12. Mai 1968 in Frankfurt am Main geboren. Nach ihrem Abitur studierte sie von 1989 bis 1993 Volkswirtschaftslehre in Mainz und Frankfurt. Anschließend arbeitete sie in verschiedenen Positionen in der Privatwirtschaft. Seit 2004 ist sie Mitglied der FDP, für die sie im Jahre 2017 zum ersten Mal in den Deutschen Bundestag einzog. In der vergangenen Legislaturperiode war sie Vorsitzende des Finanzausschusses und anschließend Parlamentarische Geschäftsführerin. Seit 2021 ist Stark-Watzinger FDP-Landesvorsitzende von Hessen. In der neuen Ampel-Koalition ist sie nun Bundesministerin für Bildung und Forschung. Stark-Watzinger ist verheiratet und hat zwei Töchter.

Was waren die Meinungen der Bundestagsabgeordneten?

CDU/CSU: „Wahnsinn, was wir geschafft haben“

„Wenn Sie wollen, dass Deutschland weiter Innovationsland ist und bleibt, dann haben Sie uns an Ihrer Seite“, kommentierte die CDU/CSU-Abgeordnete Nadine Schön. Eine „ausgestreckte Hand“ gebe es insbesondere dann, wenn es „um mehr Mittel, um neue Methoden, um mehr Mut und auch um die Menschen“ gehe. Im Koalitionsvertrag stehe, dass die Ampel 3,5 Prozent des Bundesinlandsproduktes für Forschung und Entwicklung ausgeben wolle. Für dieses Ziel aber sei die Union „in den letzten Jahren den größten Teil des Weges gegangen“. Denn der Anteil liege bereits bei 3,2 Prozent. Laut Schön ist es daher „schon Wahnsinn, was wir gemeinsam geschafft haben, wenn man sich die Entwicklung anschaut“, seitdem Angela Merkel (CDU) im Jahre 2005 die Kanzlerschaft übernommen habe. Schön erklärte: „Viel Erfolg für Ihre Arbeit. Bei den innovativen Themen haben Sie uns an Ihrer Seite.“

SPD: „Alltag der Menschen verbessern“

Der SPD-Abgeordnete Oliver Kaczmarek forderte, „dass jetzt eine Zeit anfangen muss, in der tatsächlich neue Wege gegangen werden“. Die Bereiche Bildung und Forschung seien „mit zwei zentralen Versprechen an unsere Gesellschaft“ verbunden. Erstens, dass jeder Mensch unabhängig von Elternhaus, Herkunft oder Geschlecht die gleichen Chancen habe. Das zweite Versprechen sei, dass man die großen Herausforderungen der nächsten Jahre mit Hilfe der Wissenschaft löse. Daher sei es wichtig, eine konkrete „Wertschätzung für Wissenschaft zu schaffen und nicht nur abstrakt im Munde zu führen“. Kaczmarek beendete seine Rede: „Aufstieg und Teilhabe wie auch Fortschritt durch Forschung: Das sind die Herausforderungen, die wir angehen müssen, wenn wir konkret und spürbar den Alltag der Menschen verbessern wollen.

AfD: „Kindern die Zukunft gestohlen“

„Bildung ist ein Schlüsselbereich, um den Wohlstand und die Zukunftsfähigkeit Deutschlands und seiner zukünftigen Generationen zu sichern“, bemerkte Nicole Höchst von der AfD-Fraktion. Sie habe jedoch den Eindruck, dass auch der neuen Koalition „Bildung nicht so wichtig ist. Daran ändern auch Ihre Hochglanzreden nichts“. So würde der neue Koalitionsvertrag dem der alten Bundesregierung nahezu wortwörtlich entsprechen. „Frau Ministerin, ist es Ihnen nicht hochnotpeinlich, die gleichen leeren Worthülsen und gebrochenen Versprechen wiederzuverwenden?“, fragte Höchst. Die Ampel-Koalition recycle lediglich „die Ideen, die bereits vor den Corona-Maßnahmen in die Bildungskatastrophe führten“. Sie erklärte, dass das deutsche Bildungssystem gescheitert sei und die Verantwortlichen „unseren Kindern die Zukunft gestohlen“ hätten.

Grüne: „Weichen für ein Jahrzehnt des Aufbruchs stellen“

Nina Stahr von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen kritisierte, „dass der Bildungserfolg von Kindern nach wie vor vom Elternhaus abhängt“. Dies habe sie in ihren 20 Jahren als Lehrerin selbst miterlebt. Daher sei sie froh, dass der Koalitionsvertrag sich dazu bekenne, „dass nicht mehr Postleitzahl oder Job der Eltern, sondern das eigene Engagement über Erfolg entscheiden“. Nach zwei Jahren Pandemie und vielen Einschränkungen sei es daher nun „höchste Zeit“, die Bedürfnisse von Kindern wieder in den Mittelpunkt zu stellen. Dafür müsse man „weg von der Gießkanne und gezielt dort unterstützen, wo es wirklich nötig ist“. Die neue Koalition wolle „die Weichen für ein Jahrzehnt des Aufbruchs und für den sozialen, ökologischen und digitalen Fortschritt stellen“. Dieser Aufbruch beginne bereits in den Kitas, Schulen und Hochschulen.

Linke: „Dieses Bildungssystem verschärft die soziale Spaltung“

„Ein Jahrzehnt der Bildungschancen verspricht die neue Regierung. Das wäre auch überfällig, nachdem wir der Bildungsrepublik, die die letzte Regierung versprochen hatte, nicht besonders nahegekommen sind“, bemängelte Nicole Gohlke von der Fraktion Die Linke. Die Unterfinanzierung in den letzten Jahrzehnten habe das „Bildungssystem heruntergewirtschaftet“. So fehlten überall Fachkräfte, digitale Ausstattung, eine gute Bezahlung und selbst der Putz falle von den Decken. „Die Wahrheit ist: Dieses deutsche Bildungssystem verschärft die soziale Spaltung in der Gesellschaft“, so Gohlke. Hierzulande gebe es keinen Bildungsaufstieg, da man nur mit den finanziellen Mitteln zur Uni oder ins Ausland gehen könne. Daher blieben „Abgehängte in der Regel abgehängt“. Gohlke forderte, neue Wege zu gehen: „Weg von der Spaltung, weg von der Privatisierung der Bildungsaufgaben, weg von der Mangelwirtschaft.“

FDP: „Glauben an das Aufstiegsversprechen verloren“

„Meine Oma lebte nach der Idee, dass ihre Kinder es einmal besser haben sollten. In unserer von Krisen geprägten Zeit teilen viele diesen Leitgedanken nicht mehr“, kommentierte die FDP-Abgeordnete Ria Schröder. So hätten manche „den Glauben an das Aufstiegsversprechen verloren und andere sogar den Anspruch daran“. Sie kritisierte, dass es in der Coronapandemie häufig zu Schulschließungen kam - während die Fußballstadien voll gewesen seien. „Wo sind wir denn gelandet?“, fragte Schröder. Die Folgen seien „verheerend“ gewesen und hätten sich in Lernrückständen, häuslicher Gewalt und psychischen Krankheiten gezeigt. Daher sei Ziel der Ampel-Koalition, „jedem jungen Menschen in diesem Land Aufstiegschancen zu ermöglichen“. Eine exzellente Bildung sei nämlich die „Grundlage für ein selbstbestimmtes Leben“. Beste Schulen brauche es vor allem dort, wo Armut und soziale Herausforderungen am größten sind.

Die komplette Bundestagsdebatte seht ihr hier im Video, das Protokoll findet ihr wie immer auf bundestag.de.

Zur Person

Portraitfoto von mitmischen-Autor Eric Matt
mitmischen-Autor

Eric Matt

... ist 22 Jahre alt und studiert an der Universität Konstanz Politik- und Verwaltungswissenschaften. Zurzeit macht er ein Auslandssemester in Israel.

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